Unwiderstehlich: Das ist der gemein­same Nenner, auf den sich Cynthia Barcomis Bac­kkunst von Apple Pie bis Zimt­schnecken bringen lässt. Ihre Coffee­shop-Köstlichkeiten wie Cheese­cake und Cookies sind längst legendär, ihre Berliner Cafés Kult, ihre Back­utensilien begehrt und ihre Back­bücher Best­seller. Nun teilt die „Baking Queen“ in „Barcomi’s Backschule“ ihr umfassen­des Know-how: Schritt für Schritt vom Grund­teig und den abso­luten Basics bis zu raffi­nierten Krönungen – 80 Erfolgs­rezepte für Süßes und Pikantes.

Ihre Begeisterung fürs Backen wurde schon in Ihrer Kindheit geweckt. Von wem haben Sie sie vor allem geerbt?
Für mich ist das Backen sehr sinnlich und weiblich. Stark geprägt haben mich meine Erlebnisse als kleines Mädchen mit meiner Mutter und meiner Großmutter in der Backstube. Schon mit drei Jahren konnte ich das Rezept für Chocolate-Chips-Cookies auswendig – meine früheste und schönste Erinnerung. Und dieses Gefühl ist bis heute geblieben.

Wie viel Nostalgie ist im Spiel, wenn Sie backen? In welchem Verhältnis steht sie zu Inspiration, Kreativität und Innovation?
Als ich mein erstes Café eröffnet habe, war das gesamte Gebäckangebot sehr von Nostalgie und Sensorik-Erinnerung bestimmt. Ich habe das gebacken, was ich aus meiner Heimat vermisst habe. Mittlerweile bin ich von so vielen Sachen inspiriert, wie Zutaten, Anlässe, Backformen … Jetzt setze ich viel mehr meine Gebäck-Träume und Vorstellungen um.

In der Advents- und Weihnachtszeit gewinnt Tradition wieder besonders an Bedeutung. Kommt bei Ihnen der Früchtekuchen nach dem Rezept Ihrer Urgroßmutter Cora noch zu Ehren?
Den Früchtekuchen von Cora habe ich mit viel Respekt ein bisschen umgewandelt, damit die Zutaten des Gebäcks etwas zeitgemäßer sind! Wenn Früchtekuchen oder Gingerbread im Ofen ist, geht die Weihnachtsstimmung für mich los.

Weihnachten wird bei Ihnen daheim in Berlin-Zehlendorf auf amerikanische Art gefeiert. Verpacken Sie immer noch Kleinigkeiten im Santa-Claus-Strumpf, den Sie als Kind mit Ihrer Mutter gebastelt haben?
Oh, yes! Den Strumpf habe ich natürlich noch. Und gleichzeitig habe ich diese Tradition weitergeführt und gemeinsam mit meinen Kindern ihre eigenen Strümpfe für Santas Besuch gebastelt. Meine Schwiegermutter kommt zu uns. Gemeinsam mit den vielen Kindern kochen, backen und feiern wir ausgiebig. Schließlich hat mein Sohn am 22. Dezember Geburtstag und eine meiner Töchter am 1. Januar. Ein Fest jagt bei uns das andere. Der erste Weihnachtsfeiertag ist einer der wenigen Tage im Jahr, an denen wir in ganz großer Runde gemeinsam frühstücken – und das zelebrieren wir!

Sie verblüffen durch scheinbar unerschöpflichen Einfallsreichtum. Wo und wie entwickeln und perfektionieren Sie Ihre Rezepte? (Ich glaube mich zu erinnern, gelesen zu haben, dass Sie daheim im Pyjama in Ihrer riesigen Küche neue Backkreationen erproben …) Wer sind Ihre wichtigsten Vorkoster?
Ich liebe das, was ich tue, und stoße jeden Tag auf neue Ideen und Inspiration – besonders, wenn ich zuhause entspannt im Pyjama bin! Um ein Buch zu schreiben, komme ich in eine ganz bestimmte mentale Verfassung, die meine Kreativität unterstützt. Ich gehe gerne in den Supermarkt und auf dem Markt einkaufen, um mich von neuen Zutaten inspirieren zu lassen. Da bin ich erst einmal meine eigene Kritikerin und Vorkosterin. Und wenn es mir gefällt und es genau so geworden ist, wie ich es mir vorstelle, dann darf auch meine Familie probieren. Besonders mein Mann ist mir dabei eine Hilfe und Unterstützung. Ich bin ihm sehr dankbar für seine kompetente und konstruktive Kritik.

Was brachte Sie auf die Idee zu Ihrer neuen Backschule in Buchform?
Ich habe immer wieder festgestellt, dass bei vielen – auch talentierten – Bäckern eine gewisse Grundkenntnis von Techniken und Verständnis für die Funktion der Zutaten fehlt. Wissen ist Macht: Je mehr der Leser versteht, desto besser wird der Leser backen – und desto mehr Erfolg haben wir beide!

In Ihrem Buch vergleichen Sie das Backen mit dem Fahrradfahren. Wie kommen Sie denn darauf?
Na ja, als ich klein war, bin ich ständig vom Fahrrad gefallen. Trotzdem bin ich immer wieder aufs Rad gestiegen, weil es mir Spaß gemacht hat. Je mehr ich gefahren bin, desto weniger bin ich hingefallen. So habe ich das Fahren immer mehr genossen. Vertrauen und Erfahrung gehen Hand in Hand – und das gilt auch für das Backen.

Übung macht den Meister, sagt ein Sprichwort. Was sagen Sie? Was empfehlen Sie Backanfängern?
In meinem Buch „Barcomi’s Backschule“ geht es um Back-Bausteine. Entsprechend ist das Buch aufgebaut: Fangen Sie mit einem Grundrezept an. Das ist der Ausgangspunkt – das Fundament, auf dem weitere Rezepte basieren. Wenn Sie das Grundrezept drauf haben, haben Sie eine Basis für weitere Rezepte – dadurch eröffnen sich für den Leser so viele kreative Möglichkeiten. Und zu guter Letzt zeige ich meinen Lesern, wie sie ihr eigenes Meisterwerk kreieren können.

Welche generellen Regeln fördern das Gelingen beim Backen?
Jeder weiß, dass Backen Präzisionsarbeit ist – sowohl vom Auswiegen der Zutaten als auch von der Prozedur her. Ich liebe das Sinnliche am Backen. Für mich ist der Weg das Ziel, nicht nur das fertige Ergebnis. Ich liebe den Geruch und das Gefühl von Zutaten und Teigen. Ich nehme diese in jeder Phase eines Rezepts wahr, besonders beim Probieren des Teigs oder der Füllung. Man muss kosten, was man an Zutaten zusammenstellt – manchmal schon vor dem Backen!

Am Anfang stehen in „Barcomi‘s Backschule“ verschiedene Grundteige. Welche Vorteile bringt es, das von der Pike auf zu lernen?
Mit den Grundteigen fängt alles an. Sie sind der Grundstein, und ein Stein nach dem anderen baut sich darauf auf. Je mehr ich weiß und verstehe, desto besser und bewusster kann ich backen. Und so kommt auch der Erfolg mit dem Wissen und Können.

Die Bandbreite Ihrer Rezepte lässt keinen Wunsch offen. Was war für Sie bei der Auswahl ausschlaggebend? Welche Genussphilosophie steckt dahinter?
Für mich hat die Auswahl meiner Ideen und der entsprechenden Rezepte mit Potenzial der Zutaten zu tun: Butter, Zucker, Eier, Mehl und alles, was man damit machen kann. Süß, herzhaft, gefüllt, groß oder klein – das habe ich in diesem Buch erforscht und mich damit auseinander gesetzt, damit der Leser optimal ans Ziel kommt. Mir ist es wichtig, dass ich dabei für alle Situationen und Anlässe etwas Passendes für den Leser dabei habe – ob ein schneller Rührkuchen, ein kleines Gebäck zum Mitnehmen, eine festliche Torte, wenn es etwas aufwendiger sein darf. Mein Wunsch ist es, dass der Leser das Buch immer wieder zur Hand nimmt und es einen durch den Alltag mit meinen Rezepten begleitet.

Was verspricht Ihrer Erfahrung nach die besten Fortschritte?
Je mehr man backt, desto besser gelingt es. Dabei Notizen zu machen, ist ganz wichtig. Vor allem rate ich jedem, seinen Ofen kennenzulernen – jedes Modell backt ein bisschen anders.

Als Sie aus den USA nach Berlin kamen, hatten Sie Ihren Studienabschluss in Theaterwissenschaft und Philosophie sowie eine Ausbildung als Tänzerin. Aber was die Kaffeerösterei mit Café anbelangt, haben Sie absolut bei Null angefangen. Was hat Sie damals am meisten ermutigt?
Ich hatte und habe immer noch Vertrauen in meine Vision. Mit harter Arbeit und viel Selbstkritik habe ich diese Vision umgesetzt! Meine Ausbildung war eine Mischung aus intellektueller und körperlicher Herausforderung. Das ist auch der Ansatzpunkt für meine Arbeit: Der erste Schritt ist immer intellektuell, der zweite Schritt immer praktisch. So habe ich mein Geschäft eröffnet und so funktioniert bei mir auch das Bücherschreiben.