Ehemaliger deutscher Nationalspieler, Weltmeister 2014, Spieler beim Bundesligisten Borussia Mönchengladbach: Das ist Christoph Kramer. Seit 2018 arbeitet er als TV-Experte für das ZDF bei Länderspielen und großen Turnieren. Er ist regelmäßig Gast in Tommi Schmitts Podcast „Copa TS“. Jetzt liefert er die schönste Überraschung der Saison: Der Ex-Fußballprofi brachte seinen ersten Coming-of-Age-Roman heraus und ist nun auch Autor.
Du bist seit kurzem selbst Autor. Kannst Du uns etwas über die Entstehungsgeschichte verraten?
„Das Leben fing im Sommer an“ – das erste Exemplar des eigenen Romans in Händen zu halten, war ein ganz besonderer Moment für mich! Der Plan reifte schon länger, und dann habe ich es einfach umgesetzt. Das waren zwei ganz intensive Jahre. In die Arbeit sind viel Herzblut und Leidenschaft eingeflossen.
Ein Tipp für alle, die noch nie ein Buch geschrieben haben und es wollen: Fangt direkt damit an! Ich kann es nur empfehlen, es ist ein unbeschreibliches Gefühl und ich bin jetzt nicht so krass nah am Wasser gebaut, aber es ist wirklich ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man so ein eigenes Werk in den Händen hält.
Es ist keine Biografie, ist auch nichts über Fußball, sondern wirklich ein klassischer Roman. Ich bin Romanleser und wollte auch einen Roman schreiben. Ich freue mich, wenn das Buch gelesen wird.

„Ich bin neugierig auf Feedback.“

Wer ist Chris, die Hauptfigur in deinem Roman? Gibt es Parallelen zu Deinem eigenen ich?
Es geht um die Hauptfigur Chris im Sommer 2006. Er ist 15 und ja, viele von den Dingen die passieren, die habe ich auch wirklich so erlebt. Trotzdem finde ich es spannend, wenn meine Leser:innen nicht wissen, was davon ich bin und was nicht. Ich würde mich wirklich freuen, wenn es gelesen wird. Ich bin neugierig auf Feedback. Ich habe zwei Jahre lang jeden Tag am Schreibtisch gesessen, geschrieben, nachgedacht, korrigiert, hingeworfen, umgeschrieben … Das Schreiben hat mich heftig angetrieben. Das Hier und Jetzt habe ich dabei verlassen.

Hat der Buchtitel eine besondere Bedeutung?
„Das Leben fing im Sommer an“, natürlich in 2006, wer kann sich nicht daran erinnern? Und ja, ich finde, es ist ein schöner Titel und ein schönes Cover. Ist es komisch, das über sein eigenes Buch zu sagen? Ich bin wahnsinnig stolz darauf und würde mich wirklich freuen, wenn das ganz viele Menschen lesen.

Welche Autor:in oder welches Buch hat dich so richtig begeistert?
Ich muss ja sagen, ich bin Fußballprofi gewesen und habe deswegen viel Playstation gespielt. So richtig zum Lesen bin ich erst vor rund 5 Jahren gekommen – das war auch, glaube ich, der Moment, in dem ich erwachsen geworden bin. „Hard Land“ war eines meiner ersten Bücher, und es hat mich richtig mitgenommen! Der Autor, Benedict Wells, ist für mich sowieso der Popstar unter den Schriftstellern und ja, ich hätte nicht gedacht, dass man beim Lesen so richtig was fühlen kann. Bei diesem Buch habe ich geweint, deshalb empfehle ich es hier unbedingt.


Magst du kurz was zum Inhalt sagen?
Es spielt, glaub’ ich, im Jahr 1985 in einem kleinen Ort in Amerika. Und es geht um eine Jugendromanze. Der Hauptprotagonist hat’s nicht so einfach: Die Mutter ist schwer krank, er selbst wird nicht so richtig geliebt und auch nicht so richtig akzeptiert. Dann begibt er sich auf eine Reise über mehrere Sommer und am Ende gibt es ein, finde ich, rührendes Happy End, was auch mega überraschend ist. Und ich liebe überraschende Enden. Da kann ich jetzt leider gar nichts spoilern, aber es endet ganz anders als man glaubt. Das finde ich bei Büchern immer richtig geil.

„… eine Lebensgeschichte, die man nicht besser schreiben kann.“

Welches Buch liest du denn momentan?
Benedict Wells „Vom Ende der Einsamkeit“, ich bin jetzt so auf Seite 250! Ich kann jetzt schon sagen, dass es eines meiner Lieblingsbücher wird, egal, wie es ausgeht. Krass geschrieben, eine Lebensgeschichte, die man nicht besser schreiben kann. Es geht um einen jungen Mann, der früh seine Eltern verliert, dann ins Internat kommt … Wirklich auch ein wahnsinnig geil geschriebenes Buch.

Wie findest du deine Lesestoffe?
Ich beziehe Buchtipps überall her. Ich gehe auch tatsächlich gerne in eine Buchhandlung. Da ist man irgendwie in so einem besonderen Raum, einer Blase, in der man schwebt. Dann lasse ich mich gerne inspirieren, vor allen Dingen eben von schönen Covern und auffallenden Buchtiteln.

Benedict Wells
Hard Land
diogenes
345 Seiten
14,– €

Auch als eBook | Hörbuch auf Hugendubel.de

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Benedict Wells
Vom Ende der Einsamkeit
Diogenes
354 Seiten
14,– €

Auch als eBook | Hörbuch auf Hugendubel.de

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„Bücher schreiben, Bücher lesen, das hat irgendwie was Nostalgisches.“

Wo liest du gerne? Gibt es einen besonderen Ort?
Schwer zu sagen. Ich glaube, am liebsten lese ich am Strand, also ich bin schon auch ein Urlaubsleser. Ich lese aber jetzt mittlerweile auch immer zum Einschlafen, weil ich mir vorgenommen habe, mal das Handy wegzulegen. So rund 10 Seiten bringen mich gut in den Schlaf, geben mir irgendwie ein gutes Gefühl. Andererseits habe ich auch einen Lesesessel – also ich bin da breit aufgestellt.

„Der Plan reifte schon länger …“

Kannst du uns deinen Lesesessel beschreiben?
Ich mags gerne eher klassisch. Zum Schreiben meines eigenen Buches habe ich mir deshalb von meinem Cousin einen Schreibtisch anfertigen lassen. Er ist Tischler und ich hatte genaue Vorstellungen: Ich wollte keinen modernen Schreibtisch, sondern einen mit verzierten Beinen, eher eben klassisch. Ich finde, Bücher schreiben, Bücher lesen, das hat irgendwie was Nostalgisches. Das gefällt mir. Mein Sessel ist ein großer brauner Ohrensessel wie von Opa irgendwie. Und da lese ich häufig.

Welcher Titel steht noch auf deiner Booketlist?
„Tschick“. Wahnsinnsbuch. Ein Buch, in dem ich wirklich viel gelacht habe. Ganz, ganz feiner Humor, und obwohl die Story eigentlich gar nicht so lustig ist, hat es Wolfgang Herrndorf geschafft, etwas zu schreiben, was so lebt. Ich habe dieses Buch gelesen, während ich an meinem schrieb und würde sagen, dass es mich auch auf jeden Fall dazu ermutigt hat, weiterzuschreiben. Es geht um einen Jungen, der die Sommerferien seines Lebens erlebt, obwohl er denkt, es wären die schlimmsten Sommerferien seines Lebens. Er begibt sich auf eine halb illegale Reise durch Deutschland, trifft einen neuen Freund, den sonst keiner mag. Und ja, die beiden erleben einfach einen sehr, sehr coolen Sommer und merken, was Freundschaft ist.

Wolfgang Herrndorf
Tschick
Rowohlt
256 Seiten
12,– €

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Christian Huber
Man vergisst nicht, wie man schwimmt
dtv
400 Seiten
13,– €

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„Mich haben die Bücher zum Lesen gebracht.“

Erinnerst du dich noch daran, wer dich zum Lesen gebracht hat?
Also meine Mutter hat es versucht, sie hat mir Bücher ans Herz gelegt. Sie wollte, dass ich nicht nur Playstation spiele und nicht den ganzen Tag Fußball spiele. Sondern der Junge muss auch mal was lesen, damit aus dem was wird – wie halt Mütter so sind. Hat nicht geklappt, aus mir ist trotzdem was geworden … Zum Glück aus sportlicher Sicht, aber gelesen hab ich nicht.
Erst vor 5 Jahren habe ich mein erstes Buch gelesen. Mittlerweile lese ich viel lieber als dass ich was gucke und kann mich wirklich in Bücher vertiefen, heute berühren sie mich. Deswegen würde ich sagen, haben mich die Bücher zum Lesen gebracht.

Machst du dir Notizen in einem Buch oder soll das klinisch sauber bleiben?
Ich mag es, wenn an einem gelesenen Buch ein bisschen Sand, Sonnencreme, Salzwasser dran ist, wenn ich es ins Buchregal zurückstelle, weil das dann irgendwie lebt. Also ich mag gebrauchte Bücher gefühlt lieber als neue, weil ich die dann auch irgendwie mit einer bestimmten Zeit verbinde. Aber ich wüsste jetzt nicht, was ich mir für Notizen machen sollte.

Du hast schon erwähnt, dass du gerne am Strand liest. Wie stehst du zu eBooks und Hörbüchern?
Ich höre unheimlich gerne Christoph Maria Herbst. Wenn der ein Hörbuch macht, dann höre ich das auf jeden Fall. Deshalb wird mein Buch auch von Christoph Maria Herbst als Hörbuch eingesprochen. Aber eigentlich lese ich lieber selbst, bei Hörbüchern passiert es mir oft, dass ich einschlafe … Ja, und deswegen lese ich lieber selbst. Und dieses Kindle-Gedöns, das lebt nicht, das mag ich nicht.

Jetzt sollten wir einen Abstecher zu einem Magazin machen: „Bravo Sport“. Was fällt dir dazu ein?
Ich habe es wirklich geliebt, die Bravo Sport zu lesen, weil: viele Bilder, viele Gerüchte. Keins von diesen Gerüchten hat jemals gestimmt, aber ich habe mich in diese Welt einfach hinein verliebt. Ich wollte, dass Podolski für 105 Millionen 2006 zu Real Madrid wechselt. Er hat nie dorthin gewechselt und er wird es auch nie tun. Bravo Sport war meine Kindheit. Bravo Sport war großartig, auch wenn man leider im Nachhinein sagen muss, dass vieles nicht so eingetroffen ist wie angekündigt. Aber naja, ich glaube, mittlerweile haben sie einen ganz guten Mittelweg gefunden. Bravo Sport hab’ ich jetzt 15 Jahre nicht gelesen. Ich schlag jetzt einfach mal eine Seite auf, weil es mich auch mega interessiert: Poster natürlich. Lamine Yamal, geil. Nehme ich mit. Ja, Bravo Sport ist Hammer.

„Carlo Ancelotti hat gesagt, dass ich ein guter Spieler bin.“

Hast du ein Lieblingsgerücht, das du über dich selbst gelesen hast?
Ja klar, habe ich ausgeschnitten. Aber ich verrate nicht, ob es stimmt oder nicht! Aber 2015 gab es einen Artikel, dass Real Madrid heiß ist auf unseren Rio-Weltmeister und ich war da mit Bild drin. Und Carlo Ancelotti hat gesagt, dass ich ein guter Spieler bin. Den Artikel hab ich mir ausgeschnitten, der wird für ewig in meinem Wohnzimmer hängen und wer weiß …

Dein letzter Buchtipp ist von Christian Huber. Wie findest du ihn?
Christian Huber „Man vergisst nicht, wie man schwimmt“ ist das Buch, das mich tatsächlich ermutigt hat, mein Buch zu schreiben. Also ein wahnsinnig schönes Buch. Spielt an einem Tag im Sommer – keine Ahnung – 1996. Das hat mich an meinen Sommer erinnert, an meine Sommerferien, nicht unbedingt von dem Erlebten, aber so von der Atmosphäre. Jeder hat ja so seinen eigenen Stil und ich finde, dass Christian Huber einen wahnsinnig schönen Schreibstil hat. Ich bin sehr froh, dass ich es gelesen habe. Auch geiles Cover, muss ich sagen. Ja, geiles Buch.

Nimmst du dir mittlerweile mehr Zeit zum Lesen oder mehr Zeit zum Schreiben?
Beides. Also, ich bin ja – ja, was bin ich? Bin ich arbeitslos, arbeitssuchend? Bin ich Privatier, Rentner? Ich weiß nicht, ich habe noch kein geiles Wort gefunden für das, was ich aktuell bin. Egal: Ich habe Zeit zum Lesen und zum Schreiben. Und deswegen hoffe ich, dass die Leute meinen Roman gerne lesen, damit ich dann endlich sagen kann: Ich bin Autor.

„Lesen kann sehr, sehr, sehr glücklich machen!“

Was glaubst du, was passieren würde, wenn mehr Menschen auf der Welt lesen würden?
Boah, das ist ’ne krasse Frage. Also, ich finde erstmal, dass Lesen voll inspiriert und ich finde, dass Lesen auch gut ablenkt. Und jetzt sagen alle „Oh Gott, ablenken, du kannst dich doch nicht ablenken lassen. Das Leben ist ja viel wichtiger.“ Aber doch, manchmal ist es auch schön, einfach in eine Welt zu entfliehen, in der man gerne gelebt hätte, in ein Buch zu entfliehen, was man gerne liest, weil man danach auch einfach glücklich ist, gut einschläft und denkt „boah, das war einfach schön, das zu lesen.“ Und ich glaube – ich will jetzt wirklich nicht zu philosophisch werden, weil das auch so nicht stimmt und der Vergleich ein bisschen hinkt – aber Lesen kann sehr, sehr, sehr glücklich machen!