„Hauptsache gesund!“ Das aktuelle Mantra der meisten von uns hat Dr. med. Franziska Rubin schon lange zu ihrer Sache gemacht: nicht nur als ehemalige Moderatorin ihrer gleichnamigen MDR-Sendereihe und Bestsellerautorin, sondern auch in ihrer eigenen Familie. So weiß die Ärztin genau, was wirklich hilft. Im Alltag und in ihrem druckfrischen Standardwerk setzt sie auf bewährte Hausmittel, die sanft wirken und oft verblüffend einfach sind. Eine Fülle naturkundlicher Verfahren, die den ganzen Menschen im Blick haben, Selbstheilungskräfte aktivieren und Immunkräfte stärken. Ob Vorbeugung oder Behandlung häufiger Beschwerden – das Herzstück jeder Hausapotheke!

„Bleib gesund!“ Das wünschen wir einander seit dem Ausbruch von Corona wohl am meisten. Wie wappnen Sie sich und Ihre Familie?
Natürlich achten wir mehr denn je auf Hygiene. Gut, dass wir so schönes Wetter haben. Da fällt es nicht schwer, sich viel an der frischen Luft zu bewegen. Dabei stärken wir das Immunsystem: Das Sonnenvitamin D und Bewegung aktivieren auf unterschiedliche Weise die Produktion von Abwehrzellen. Täglich frisches Obst und Gemüse – und lachen, soviel es geht.

Sie haben in Nervenheilkunde promoviert. Was empfehlen Sie, um möglichst auch im Corona-Ausnahmezustand das seelische Gleichgewicht zu wahren?
Die Nerven behalten. Also keine Panik, aber die drei wichtigen Regeln einhalten: Abstand halten, Hände waschen, Maske tragen. Und ansonsten den Blick für die schönen Dinge des Lebens nicht verlieren. Wir chatten viel mit Freunden oder treffen uns draußen.

Der Infektionsschutz ist auch in Ihrem neuen Buch ein wichtiges Thema. Wo sehen Sie im Alltag klassische Schwachpunkte?
Viele denken, das Bad sei besonders infektiös. Doch das ist ein Irrtum. Viel mehr Keimschleudern finden sich in der Küche – vom Spüllappen über das Geschirrtuch bis zum Kühlschrank. Auch auf jedem Smartphone tummeln sich durchschnittlich 100 Bakterienarten und auf der Tastatur des Computers sieht es nicht besser aus. Also bei solchen Problemzonen auf Hygiene achten und vor allem: Die Hände gründlich waschen.

Welche Erfahrungen machen Sie im Alltag?
Ich erwische mich manchmal selbst dabei, dass ich gerade den Einkaufswagen mit bloßen Händen geschoben habe und dennoch etwas zu Essen in den Mund schiebe. Das sollte man natürlich vermeiden und lieber erst desinfizieren. Ansonsten nutzen wir reichlich Hausmittel – und das empfehle ich auch klar. So fühle mich gewappnet, auch wenn wir krank werden sollten.

„Naturheilverfahren aus aller Welt“

Ihr Hauptthema sind naturkundliche Behandlungsmöglichkeiten. Wann und wie haben Sie sie entdeckt?
Als Studentin hatte ich sehr lange Zeit heftige Rückenschmerzen. Nichts half. Befreit von meinen Schmerzen hat mich ein Homöopath. Das hat mich nachhaltig beeindruckt und meine Neugier geweckt. Daraufhin habe ich mich neben dem Studium über Naturheilverfahren aus aller Welt kundig gemacht und sie auch praktiziert.

Was überzeugt Sie als Ärztin an der komplementären, also ergänzenden Medizin?
Der Arzt behandelt, die Natur heilt. Wir haben enorme Selbstheilungskräfte, die manchmal etwas Unterstützung brauchen, damit sie ihre volle Wirkung entfalten. Da hat uns die Natur viele Mittel an die Hand gegeben: heilsame Pflanzen und Nahrungsmittel, Wasser, Luft, Wärme und Kälte. Und vor allem menschliche Zuwendung. Es müssen eben nicht immer Medikamente sein. Die beste Medizin ist meiner Meinung nach eine Kombination aus Schulmedizin, Naturheilkunde und Hausmitteln.

In der Alltagshektik greifen viele bei Beschwerden doch lieber schnell zur Tablette. Vorsicht, sagen Sie. Warum?
Keine Wirkung ohne Nebenwirkung! Ein Beispiel: Der ständige Griff zur Kopfschmerztablette ist der sicherste Weg, irgendwann Kopfschmerzen auf Grund der Tabletten zu bekommen. Viele chronisch Kranke benötigen Medikamente. Im Vordergrund sollte aber immer stehen: Was kann man selbst tun, um wenigstens die Dosis zu reduzieren? Bewegung, Ernährung und Stressabbau sind dafür ideale naturheilkundliche Möglichkeiten. Und sie belasten weder Leber noch Nieren.

Sie erläutern zu den unterschiedlichsten Erkrankungen und Beschwerden jeweils mehrere naturkundliche Behandlungsoptionen. Worauf kommt es Ihnen dabei an?
Jeder Mensch ist anders, hat bestimmte Vorlieben und Abneigungen. Auch der Alltag sieht bei jedem anders aus. Ein Single hat ein anderes Zeitbudget als ein Ehepaar mit Kindern. Manche naturheilkundlichen Methoden sind  bekannter, andere weniger. In diesem Buch findet jeder für seine speziellen Bedürfnisse Rat und Hilfe.

2013 wurden Sie mit dem Kneipp-Bund-Gesundheitspreis gewürdigt. Was verbinden Sie mit dem Namenspaten Sebastian Kneipp und seiner Philosophie? Was macht ihn und seine Anwendungen auch heute noch so aktuell für uns?
Er sah den Menschen als Einheit aus Körper, Seele und geistiger Kraft. Ihm war schon damals klar, welche Bedeutung ausreichend Bewegung, Mäßigkeit in der Ernährung und seelische Ausgeglichenheit für die Gesundheit haben. So entwickelte er ein naturheilkundliches System, das Fragen des Lebensstils und der Prävention von Krankheiten große Bedeutung beimisst. Sein besonderes Verdienst ist die Entwicklung der Wassertherapie als systematische Heil -und Präventionsmethode.

Ihr Ehemann Pete Williamson kommt aus Australien, wo Sie mit Ihrer Familie auch schon längere Zeit gelebt haben. Welche naturheilkundlichen Entdeckungen haben Sie dort gemacht und in Ihren Alltag übernommen?
In unsere Hausapotheke haben wir Teebaum- und Cajeputöl sowie Manukahonig aufgenommen. Von den Aborigines habe ich gelernt, welche Kraft man aus der Verbindung zur Natur schöpfen kann und wie wichtig es ist, sich als Teil einer Gemeinschaft zu verstehen.

„Hausmittel für unsere heutigen Bedürfnisse“

Für Ihr neues Buch haben Sie Naturheilverfahren aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen zusammengetragen. Welche Auswahlkriterien haben Sie geleitet?
Wir können viel von anderen Kulturen lernen, auch auf dem Gebiet der Heilkunde. Traditionelle chinesische Medizin und Ayurveda zählen zu den ältesten Medizinsystemen der Welt, mit Erfahrungen aus Jahrtausenden – also mit besten Langzeitstudien! Vieles wird heute wissenschaftlich erforscht oder konnte bereits bewiesen werden. Und viele Praktiken wie Atemtechniken, Yoga oder Meditation sind ideale Hausmittel für unsere heutigen Bedürfnisse.

Naturheilverfahren gelten als sanft und verträglich. Trotzdem kann man unerwünschte Wirkungen nie ganz ausschließen. Was raten Sie, um auf Nummer sicher zu gehen?
Wichtig ist es, sich an die Rezepturen und Anwendungsbeschreibungen zu halten. Als Faustregel gilt: Das Hausmittel sollte – je nach Erkrankung – relativ schnell eine Besserung der Beschwerden bewirken und der Patient die Anwendung als angenehm empfinden. Tritt keine Besserung ein oder verschlechtern sich die Symptome sogar, sollte man den Arzt aufsuchen. Viele in meinem Buch beschriebenen Hausmittel sind auch als Ergänzung der schulmedizinischen Behandlung möglich. So kann man oft die Dosis der Medikamente verringern.

Bestimmte Lebensmittel haben traditionsgemäß ein gutes Image, besonders Äpfel. Inzwischen gibt es aber auch kritische Stimmen. Würden Sie ganz klassisch täglich einen Apfel empfehlen?
Na klar. Es gibt sogar eine englische Studie, die belegt, dass ein Apfel am Tag die Cholesterinwerte ähnlich gut senkt wie eine Tablette. Aber Vorsicht, das gilt nur für Menschen, die noch nicht herzkrank sind.

Nicht ganz eindeutig ist es auch bei Kurkuma. Die einen halten ihn für eine Art Wundermittel, andere warnen vor Nebenwirkungen. Und Sie?
Wer Kurkuma in den empfohlenen Dosierungen – etwa 2 Teelöffel am Tag – als Gewürz verwendet, muss keinerlei Nebenwirkungen befürchten. Vorsicht ist bei hochdosierter Nahrungsergänzung geboten, vor allem, wenn man Medikamente gegen Blutgerinnung einnimmt. Nahrungsergänzungsmittel allgemein sind oft nur eine Gelddruckmaschine für den Anbieter. In seltenen Fällen können sie notwendig sein, aber dann nur nach ärztlicher Verordnung.

Und der beliebte Ingwer? In welchen Fällen entfaltet er wohltuende Wirkung? Worauf gilt es zu achten?
Ingwerwasser ist mein Leib -und Magenmittel, vor allem im Winter. Die Scharfstoffe wärmen wunderbar von innen und wirken gleichzeitig antientzündlich. Außerdem regt Ingwer die Verdauung an und ist das beste natürliche Mittel gegen Übelkeit. Viel Ingwerwasser kann aber Regelschmerzen verstärken oder auch Sodbrennen.

„Meine Empfehlungen für die Corona-Krise“

Was gehört für Sie unbedingt zum Basisbestand einer naturkundlichen Hausapotheke?
Getrockneter Salbei zum Gurgeln, Kamillenblüten gegen Bauchweh, Teebaumöl zum Desinfizieren, Thymianöl zum Inhalieren und Aloe-Vera-Gel für die Haut. Das wäre auch meine Empfehlung jetzt für die Corona-Krise. Dann kann man schon mal loslegen, wenn es im Hals kratzt oder Husten kommt.

Wickel haben viele von uns noch aus ihrer Kindheit in Erinnerung. Was spricht dafür?
Sie entziehen Wärme wie der Wadenwickel oder sorgen für Wärmezufuhr wie beispielsweise der Kartoffelwickel. Der eine senkt bedenklich hohes Fieber (ab 39°C) und der andere sorgt durch die Erwärmung für Entspannung der Muskulatur und stärkere Durchblutung. Besser durchblutetes Gewebe wird mit allem, was wichtig ist, besser versorgt, auch mit Abwehrstoffen. Und dann entfalten Wickel zusätzlich noch eine Fernwirkung. So helfen kalte Wickel gegen Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Wickel sind unschlagbar wirkungsvoll, kosten fast nichts – und so aufwändig sind die meisten Wickel gar nicht.

Was hilft was am besten gegen Insektenstiche?
Viele ätherische Öle halten Mücken ab, oder auch das homöopathische Mittel Ledum D6 oder D12 – sehr gut gegen Zecken. Wenn man gestochen wurde, am besten schnell mit einem Eiswürfel kühlen, dann Zwiebel, Teebaumöl, Apfelessig oder ähnliches auftragen. Das bremst die Entzündung und den Juckreiz.

Ein wichtiges Kapitel widmen Sie dem Bluthochdruck, laut Weltgesundheitsorganisation WHO die größte Gesundheitsgefahr weltweit. Wie lauten die schlechte und die gute Nachricht?
Bluthochdruck greift die Gefäße an und ist ein Hauptrisiko für Schlaganfall und Herzinfarkt. Die gute Nachricht: Er ist meist essenziell, hat also keine körperliche Ursache. Damit ist er bestens mit Naturheilkunde, zum Beispiel Bewegung, Wassertherapie und Stressbbau in den Griff zu bekommen. Ist doch eine gute Aussicht, anstelle lebenslang Tabletten zu schlucken.

„Zwiebelsäckchen, Bienenwachswickel und Inhalation“

Welche Hausmittel verwenden Sie als dreifache Mutter am häufigsten für Ihre Töchter?
Als die Kinder klein waren, habe ich ihnen sehr oft Zwiebelsäckchen, Bienenwachswickel und Inhalationen „verordnet“. Jetzt beschäftige ich mich eher mit Stimmungsschwankungen oder Pickelchen.

Auch im Kapitel über das Älterwerden schöpfen Sie aus einer Fülle von Hausmitteln. Was empfehlen Sie hauptsächlich, um möglichst lang gesund und fit zu bleiben?
Essen Sie frische, regionale und saisonale Produkte und füllen Sie den Magen nie „bis zum Platzen“. Bleiben Sie in Bewegung, denn Muskeln, Gelenke, Knochen und Herz brauchen dieses Training. Pflegen Sie Kontakte, denn unsere Seele braucht andere Menschen. Achten Sie auf ausreichend Schlaf, damit der Körper genügend Zeit zum Regenerieren hat. Und Ziele setzen ist ganz wichtig, bis zum Schluss!

Prävention wird bei Ihnen generell großgeschrieben. Welche Leitlinien vertreten Sie dabei?
Es ist schade, dass wir uns in der Regel erst mit Gesundheit auseinandersetzen, wenn wir krank sind. Denn die meisten Krankheiten könnte man gut vermeiden!

Wie lautet Ihre Kernbotschaft an Ihre Leser?
Haben Sie Vertrauen in die Heilkräfte der Natur und des eigenen Körpers. Und stärken Sie sich und Ihren inneren Arzt mit Hausmitteln. Das macht gesünder und glücklicher!