GESA NEITZEL BEWEIST Löwenmut. 2015 fasste sich die Fernsehmoderatorin ein Herz und ging von Berlin in den afrikanischen Busch, um eine Ausbildung als Safari-Guide zu machen. Dass sie bisher noch nicht mal ein Zwergkaninchen gehalten hatte, war für sie kein Hinderungsgrund, sondern ein Antrieb. Ihr Wunsch: zur Natur zurückkehren und Tiere in freier Wildbahn erleben. Einen Traum nach dem anderen setzt sie seither in die Tat um und teilt als Autorin ihre Faszination, z.B. in ihrem Debüt-Bestseller „Frühstück mit Elefanten“ und nun in „Löwenherzen“.

Im afrikanischen Busch sind Sie als „Stadtmädchen“ angekommen. Mit welcher Sehnsucht oder welchem Ziel?
Ich wollte zurückfinden zur Natur, wollte „draußen sein“, wieder den Boden unter den Füßen spüren. Kurz gesagt: Ich wollte raus.

Wodurch haben Sie das erste Mal erkannt oder gespürt, dass Sie auf dem richtigen Weg sind?
Meine innere, emotionale Landschaft hat sich verändert in dem Moment, da ich in der Wildnis ankam: Ich war glücklich, fühlte mich leichter. Ich war auf einmal auf dem richtigen Weg angekommen. Dieses Gefühl hat mich bis heute nicht mehr verlassen. Ich fühle mich wohl in meiner eigenen Haut.

Was haben Sie als größte Herausforderung erlebt?
Immer und immer wieder: Die eigenen Selbstzweifel. Die Sorge, nicht gut genug zu sein.

„Löwenherzen“, der Titel Ihres neuen Buches, spielt nicht nur auf die Vierbeiner an. Was umfasst und symbolisiert er für Sie?
Zum einen steht der Titel natürlich für zwei Menschen, die auf dieser Reise zueinander gefunden haben: Frank und ich. Zum anderen steht er aber auch für den Mut derer, die an den Orten leben, die wir besucht haben; die Menschen, die sich tagtäglich für den Schutz der Wildtiere einsetzen und die Tür an Tür mit Leoparden, Löwen und Co. leben – eine unglaubliche Herausforderung.

„Unvergesslich: die Berggorillas in Uganda!“

Bei Ihrer Ausbildung zum Safari-Guide mussten Sie in einem Logbuch Ihre Bush-Walks und Encounters notieren. Was hat es damit auf sich?
Es geht dabei darum, die eigene Erfahrung zu dokumentieren und einem Prüfer nachzuweisen, was man gelernt hat im Umgang mit den wilden Tieren. Jede Begegnung mit einem Wildtier ist etwas Bewegendes – je größer, desto stiller wird das eigene Ego. Auge in Auge mit einem Löwen oder Elefanten bist du ganz präsent in dem Moment. Dann gibt es kein Morgen, kein Gestern, nur das Jetzt. Ich weiß nicht, ob es das größte Abenteuer war, aber ein unvergessliches Abenteuer war für mich der Besuch bei den Berggorillas in Uganda.

Verliebt haben Sie sich nicht nur in Afrika, sondern auch in Frank. Am Anfang Ihres neuen Buches steht ein gemeinsamer Aufbruch. Wie kam es dazu und was schwebte Ihnen vor?
Frank und ich hatten gemeinsam die Ausbildung zum Safari Guide absolviert und wollten danach unseren Horizont erweitern. Wir kannten hauptsächlich den südafrikanischen Busch. Vor allem mir selbst war es wichtig, den afrikanischen Kontinent mit seinen Facetten und verschiedenen Kulturen und Menschen kennenzulernen.

Für Sie und Frank wurde Ihr Roadtrip auch zur besonderen Beziehungserfahrung und zum Start in eine gemeinsame Zukunft. Wodurch?
Wenn man als frisches Paar mehrere Monate lang auf engstem Raum zusammenlebt, stellt man, denke ich, sehr schnell fest, ob es funktioniert oder nicht. Für uns hat diese Dynamik von Anfang an hervorragend funktioniert; wir sind nicht nur Partner in einer Beziehung, wir sind auch beste Freunde.

„Wir brauchen diese wilden Momente!“

Was ist für Sie das Faszinierende an Ihrem Safari-Projekt?
An Safaris begeistern mich am allermeisten die nachhaltigen Veränderungen, die sich ergeben, wenn Menschen wieder in die Wildnis eintauchen, am Lagerfeuer sitzen, während in der Ferne ein Löwe brüllt und die Zikaden singen. Wir brauchen, so denke ich, heute mehr denn je diese wilden Momente. Der afrikanische Kontinent beherbergt die letzten großen Landsäugetiere dieser Welt; sie müssen um jeden Preis geschützt werden. Eine Öko-Safari trägt aktiv dazu bei.

So unterschiedlich wie wir Menschen sind auch unsere Vorstellungen von Wildnis. Wie sieht Ihre aus und wie fühlt es sich für Sie an?
Wildnis ist ein Ort fern von menschlicher Zivilisation, wo die Zeit stehen zu bleiben scheint, wo es still wird um mich herum.

Die große Entdeckungsreise beginnt in Botswana. Was macht dessen besondere Faszination aus?
Botswana ist die letzte Elefanten-Hochburg in Afrika, Heimat des Okavango-Deltas und der Kalahari-Wüste. Ein paar gute Freunde von uns leben dort, und es markierte den Start meiner Ausbildung. Ich verdanke Botswana sehr viel und kann von dem Land nicht genug kriegen.

Wo und wie haben sie die intensivsten Eindrücke von der Kultur Botswanas gewonnen?
Wer die Kultur Botswanas erleben möchte, besucht am besten die kleine Wüstenstadt Maun. Sie bietet eine bunte Mischung aus Safari, Tradition und Moderne.

Sambia: Sie beschränken sich nicht nur auf die Naturwunder, sondern haben auch den Alltag im Blick. Worauf kommt es Ihnen dabei an?
Mir liegt vor allem das Schicksal der Frauen am Herzen. Gerade in Sambia, aber auch in Botswana und vielen anderen Ländern, die ich besucht habe, steckt die Gleichberechtigung der Geschlechter noch in den Kinderschuhen. Außerdem möchte ich immer darüber lernen, wie die Menschen vor Ort es meistern, so nah mit wilden Tieren zusammenzuleben. Es gibt immer mehr Projekte, die sich dies zur Aufgabe gemacht haben: Bienenstöcke und Chili-Pflanzen z.B. halten Elefanten fern; ein paar gemalte Augen auf dem Hinterteil einer Kuh schrecken Löwen davon ab, die Kühe anzugreifen.

Sie sind keineswegs immun gegen Selbstzweifel. Was hat Sie am stärksten verunsichert und welche Haltung oder Strategie haben Sie entwickelt, um konstruktiv damit umzugehen?
Ich habe von vornherein in Frage gestellt, ob es für mich der richtige Weg ist, als Safari Guide in Afrika zu arbeiten. Diese Frage kann ich heute ganz klar mit „nein“ beantworten. Den afrikanischen Ländern, die mir so ans Herz gewachsen sind, kann ich am besten helfen, indem ich die Brücke bin, über sie schreibe und meinen Teil dazu beitrage, die Wildtiere zu schützen und das Zusammenleben mit ihnen zu verbessern. Ich bin während der Pandemie mit meinem Mann Frank nach Australien gezogen, wo er seine Safari-Agentur „Safarifrank“ führt und ich meine Bücher schreibe. Wenn wir nach Afrika reisen, entdecken wir den Kontinent mit unserem Land Rover und sind so nicht auf nur ein Land beschränkt. Diese Lösung ist für uns perfekt.

„Natur hat einen zentralen Stellenwert in meinem Leben“

Was hat sich im südlichen Afrika an Ihrem Lebensgefühl und Ihren Prioritäten am meisten verändert?
Die Natur hat einen zentralen Stellenwert in meinem Leben eingenommen. Ich brauche sie für mein eigenes Wohlbefinden und merke, wie es an meiner Energie zehrt, wenn ich ihr für zu lange Zeit fernbleibe.

Unterwegs haben Sie nicht nur den Süden Afrikas viel genauer kennengelernt, sondern auch sich selbst. Was hat Sie am meisten überrascht und was am glücklichsten gemacht?
Überrascht hat mich, dass ich mich in der Wildnis so sicher, so zuhause fühle. Am glücklichsten machen mich Begegnungen mit Elefanten – was für ein Geschenk, diesen grauen Riesen nahe sein zu dürfen!

Worauf sind Sie im Rückblick am meisten stolz?
Ich werde für immer stolz darauf sein, dass ich mich nicht mit meinem Leben in Berlin begnügt habe. Ich war dort nicht glücklich, und ich war naiv (oder stur?) genug zu glauben, dass es irgendwo da draußen eine glücklichere Version meines Lebens gibt.