Alles unter Kontrolle?

SEINEN LITERARISCHEN RUHM begründete Philip Kerr 1989 mit der Trilogie „Berlin Noir“. Seit „Der Tag X“ galt er als „Englands raffiniertester Thriller-Autor“ – mit Fans wie Salman Rushdie. Unsterblich wurde Kerr als „geborener Storyteller“, wie seine deutsche Lektorin Christiane Steen den 2018 viel zu früh verstorbenen Schriftsteller im Nachwort zu seinem brillanten Vermächtnis nennt. „1984.4“ ist eine meisterhafte Hommage an George Orwells „1984“ und zugleich hochaktuell. Der Roman beginnt im Jahr 2034. Die perfekte Lösung aller Probleme – nichts Geringerem rühmt sich die Regierung, die nach schweren globalen und regionalen Erschütterungen über den neu erschaffenen Inselstaat WH1 herrscht, wo einst England lag. Jetzt regeln die Machthaber Leben und Tod – mittels digitaler Überwachung und überall präsenter Elite-Einsatzkräfte. Zu diesen Auserwählten zu zählen, macht Florence Newton unglaublich stolz. Voll Enthusiasmus verlangt sich die 16-Jährige alles ab, um ihre besondere Eignung unter Beweis zu stellen – für den Senior-Service. Die Aufgabe: Betagte Menschen aufspüren und „in den Ruhestand schicken“, also alle töten, die sich weigern, freiwillig aus dem Leben zu scheiden, um den Platz für Jüngere zu räumen. Für Florence gibt es keinen Zweifel, dass sie das Richtige tut – bis sie sich in Eric verliebt. Er stellt das Staatssystem in Frage und bringt dadurch auch Florence zum Nachdenken. Sie gerät immer mehr in Konflikt mit der Politik, aber auch mit ihren Überzeugungen. Ein fesselnder, faszinierender Roman von genialem Einfallsreichtum – Erzählkunst, die zeigt, dass die Kraft der Liebe jede Unterdrückung überwindet!