Alte Mythen & moderne Helden

UM DER FASZINATION von Timbuktu zu erliegen, muss man kein Glücksritter sein. Und dass Goldsucher eben doch kein afrikanisches El Dorado fanden, tut der Sache auch keinen Abbruch. Viel wertvoller sind ohnehin die wahren Schätze Timbuktus: gesammelte alte Schriften mit neuen Erkenntnissen, die Afrikas Historie in neuem Licht erscheinen lassen. Die Geschichte dieser Manuskripte weiß keiner so grandios zu erzählen wie Charlie English. Dass er sogar seinen Job als Redaktionschef beim „Guardian“ kündigte, um sich seinem Buchprojekt zu widmen, hat sich absolut gelohnt. Wie sein berühmter Landsmann Bruce Chatwin geht auch English von zwei Timbuktus aus: Das eine ist der reale Ort, die frühere Karawanenstadt im Westen Afrikas, dort, wo der Niger in die Sahara abbiegt. Das andere ist das schillernde Timbuktu aus dem Reich der Legenden. Der hervorragende Afrikakenner English versteht es, die Fülle von Erzählstoff stimmig und spannend zu inszenieren. So vergegenwärtigt er die Jahrhunderte währende Suche von Europäern nach dem sagenumwobenen Timbuktu und die Expeditionen tollkühner Pioniere. Im Wechsel dazu werden wie in Live-Reportagen die aktuellen Ereignisse in Timbuktu eingeblendet: z.B. die durch Islamisten drohende Vernichtung einer der größten Bibliotheken mittelalterlicher Schriften sowie deren heldenhafte Rettung durch Archivare. Lebensnah wie eine Doku, literarisch meisterhaft wie ein Abenteuerroman!