Held ohne Heiligenschein

BEI EINEM Geburtstagscocktail wäre es die perfekte Mixtur für einen wie Nelson Mandela, der bei gegebenem Anlass maßvollen Alkoholgenuss pflegte: gehaltvoll und belebend. Genau das gehört zu den Vorzügen der ebenso umfassenden wie facettenreichen Biografie Mandelas, mit der Stephan Bierling Maßstäbe setzt. Als ausgewiesener Spezialist für internationale Politik erschließt er die dramatische Entwicklung in Südafrika und die Verhältnisse, in die Mandela am 18. Juli 1918 hineingeboren wurde: als Sohn eines Häuptlings der Xhosa, die ihm den Namen Rolihlahla (eine poetische Umschreibung für „Unruhestifter“) gaben. Weil es sich leichter ausspricht, wurde er an der Missionsschule zu „Nelson“. Und wie Mandela zum bedeutendsten Widerstandskämpfer gegen das Unterdrückungsregime der Apartheid, zur Führungspersönlichkeit und zum Retter des Landes vor einem blutigen Bürgerkrieg wurde, schildert Bierling an prägenden Lebensstationen – immer mit dem politischen, gesellschaftlichen und gesetzlichen Kontext im Blick. Wenn er Mandela einen Wunsch erfüllt, dann den, ihn nicht zum Heiligen zu verklären. Fair, faktenreich und filmreif entwickelt er das Porträt zur Charakterstudie –inklusive Zitaten von Zeitgenossen, einschließlich Mandelas Ehefrauen. Bierling erzählt auch, was Mandela in seinen Memoiren ausspart. Ob grundsolide Recherche oder der Sinn für feinen Humor: Zu diesem Biografen kann man dem Jubilar Mandela gratulieren!