Zwischen Ebbe und Flut

ER MUSS herausfinden, warum ihre Briefe nicht mehr mit „Mein Liebster“ beginnen. Warum sich ihre Gefühle für ihn gewandelt haben. Das 20. Jahrhundert ist noch jung, und der Pariser Künstler Henri hat seine Militärzeit hinter sich gebracht, als er sich auf eine alles entscheidende Reise macht. Schwankend bringt ihn die Schaluppe zur Insel B., auf die Youna sich zurückgezogen hat. In diesen schicksalhaften Stunden nimmt Henri alles hellwach wahr, alles erscheint ihm bedeutsam: das Treiben am Hafen, die Fischer, die ihr Tagwerk vollbracht haben, der aufgeregte Küchenjunge, der den frischen Fang für seinen Chef in Empfang nimmt, die Muscheln am Strandweg … Henri hatte nicht damit gerechnet, dass Youna ihm beim Wiedersehen um den Hals fallen würde – und ist doch enttäuscht, dass sie es tatsächlich nicht tut. Wie die richtigen Worte finden? Und wie Zugang zu ihrer Welt, die sie sich hier geschaffen hat? Der Verkauf von Kräutern beschert ihr ein Auskommen, die ersten schriftstellerischen Talentproben Erfüllung. Und die Aussicht auf Annäherung? Gemeinsamkeit? Oder Freiheit? Das Glück wirkt flüchtig wie Sonnenlicht, das auf den Wellen tanzt – vor dunklen Wolken am Horizont der großen Politik und am persönlichen Himmel des Paares von einst. Nuancenreiche Erzählkunst wie ein impressionistisches Gemälde, voll verschwenderischer Lust an sinnbildlichen Details – ein farbenprächtiges Lesevergnügen!