DIE EHRENLOGE des britischen Humors ist Alan Bennett längst sicher, aber er hält sich lieber im Hintergrund. Höflich abgelehnt hat er auch den Ritterschlag durch die Queen, obwohl er sie überaus schätzt und ihr eines seiner schönsten und erfolgreichsten Bücher gewidmet hat: „Die souveräne Leserin“, eine Liebeserklärung an die Literatur. Nun folgt „Der souveräne Leser“ – mit erstaunlich persönlichen Einblicken!

Ein Phänomen, dieser Alan Bennett. Bekannt wurde das Multitalent durch die TV-Comedy-Revue „Beyond the Fringe“, die Radiomonologe „Talking Heads“, als Autor von Drehbüchern und Bühnenstücken – und durch die Kunst, sich in der Öffentlichkeit rar zu machen. Talkshows und ähnliche Jahrmärkte der Eitelkeiten meidet er konsequent. Fast schon respektvoll wurde er einst bezeichnet als „Ausfall für personenorientierte Public Relations“. Kein Hindernis für seinen Erfolg, denn seine Bücher sprechen für sich. Wer wissen will, was es mit dem Gentleman in Tweed auf sich hat, der muss seine Bücher lesen. Ein Vergnügen, denn bei der Lektüre merkt man schnell, dass der Mann mit der schwarzen Hornbrille den Schalk im Nacken hat. Und dass er in seiner bevorzugten Zuschauerrolle ein sehr genauer Beobachter ist, der sich in den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Kreisen auskennt. Bennett interessieren vor allem Menschen, die von der sogenannten Normalität ausgeschlossen sind und somit auch vom unkomplizierten alltäglichen Austausch mit anderen. Der Autor sympathisiert mit den schillerndsten Persönlichkeiten am Rand der Gesellschaft, ob ganz unten oder an der obersten Spitze. Typisch dafür ist „Die Lady im Lieferwagen“, inspiriert durch die unfreiwillige, aber mit Engelsgeduld ertragene Nachbarschaft Bennetts mit einer wohnungslosen Lebenskünstlerin, die mit ihrem mobilen Zuhause zur Dauerparkerin in seiner Einfahrt wurde. Der perfekte Erzählstoff, zumal sie sich als wahre „eiserne Lady“ fühlte – und berufen zur Rettung Englands. So lässt sie Bennett der beklemmenden Enge des Lebens entkommen – genau wie die Queen in seinem erzählerischen Kleinod „Die souveräne Leserin“. In dieser wundervollen Doppel-Hommage an die Literatur und an Elizabeth II. entwickelt sich Ihre Majestät im kommunalen Bücherbus dank eines Küchenjungen zur spätberufenen Leserin – der Anfang einer Selbstbefreiung aus dem Korsett royaler Konventionen und Pflichterfüllung.