EINFACH DEM INNEREN Kompass folgen: Diese Lebensphilosophie entdeckte André Schumacher für sich, als 1989 die Mauer fiel und ihm die ganze Welt wie ein großes Versprechen offenstand. Freiheit! Vom heimischen Rostock aus auf zum Nordkap. Per Fahrrad, mit nicht viel mehr als einem Regenponcho und stapelweise Hermann Hesse. Dann Südamerika, Asien, Afrika, die kanarischen Inseln, wo er seiner großen Liebe Jenni begegnete. Bald wurden die beiden Eltern eines Sohnes: Unai. Und nun? Reisen mit Kind? Aus mit Abenteuern? Nein, jetzt erst recht!

Alle Fotos: © André Schumacher

Unterwegs sein statt 50 Wochen im Jahr vom nächsten 14-Tage-Pauschalurlaub träumen. Aufbruch statt Alltagstrott. Nach Lust und Laune die Zelte aufbauen oder abbrechen statt Bausparvertrag. Wer so tickt wie André Schumacher, richtet sich nicht so leicht ein im Trautes-Heim-Glück-allein-Lebensmuster.

„Aben-teuer“

Die Herausforderung: nicht nur ein Dach über dem Kopf für die Kleinfamilie finden, sondern eine bezahlbare Wohnform für Individualisten mit Gemeinschaftssinn und Freiheitsbedürfnis. Und mit der Möglichkeit, daheim das zu leben, was André und seine Lebensgefährtin Jenni am Reisen so lieben: spontane Begegnungen am Straßenrand, Gespräche mit den unterschiedlichsten Menschen, Geschichten sammeln … und den „Gedanken, der bleibt“. Mit diesen Wünschen und Sehnsüchten im Hinterkopf landete das Paar mit baldiger Aussicht auf Nachwuchs ganz in der Nähe von Andrés Elternhaus – auf einem Bauernhof mit Renovierungsbedarf für zahllose Hände. Die rettende Idee kann getrost als innovatives Mikro-Gesellschaftsmodell durchgehen: Wer anpackt, bekommt Kost und Logis auf dem idyllischen Anwesen in Bäbelin, einem Dorf unweit von Wismar, auf halbem Weg von der Ostsee zur Mecklenburgischen Seenplatte. Helfer ließen nicht lang auf sich warten, bald kamen sie aus aller Herren Länder – durch Mundpropaganda.

„Träume“

Das Projekt verzauberte irgendwie jeden, der dabei war: Lebensfreude statt Luxus, Improvisation statt all inclusive. Von der Notlösung zum Kreativ-Camp, das Schritt für Schritt erweitert wurde, z.B. um einen Zeltplatz und Baumhäuser. Der Grundstein zum Glück. Inzwischen ist der „Kunterbunthof“ ein echtes Erfolgsmodell. Aussteiger? Ja und nein. André und Jenni finden einfach, dass es Wichtigeres gibt als Karriere und Kontostand. Sie wissen, was sie tun und worauf sie bewusst verzichten. André hat nach dem Studium als Architekt in einem Büro gearbeitet, das einen Wettbewerb nach dem anderen gewann – mit Bergkulisse und Blick auf den Atlantik. Und mit einem täglich größeren Bedürfnis, das Weite zu suchen. Also wurde er Reisejournalist. Geschichtenerzähler findet er treffender.

„Lebens-freude“

Seine Sprache: Bilder, die das Wesen von Menschen und Landschaften einfangen. Und Texte mit Sinn für Poesie und Humor. Er ist Mitglied bei der renommierten Bildagentur laif, veröffentlicht seine Aufnahmen in den namhaftesten Zeitungen und Magazinen und begeistert das Publikum seiner inzwischen legendären Reiseshows. Diese Qualitäten zeichnen auch sein neues Buch aus – das Resultat eines weiteren, ganz besonderen Aufbruchs. Natürlich wurden André und Jenni irgendwann wieder unruhig. Als Söhnchen Unai ein Jahr alt war, begannen sie Pläne zu schmieden – und das Reisen mit Kind und Kegel neu zu erfinden.