Zwei Frauen im Hamburger Marschland, getrennt durch Jahrhunderte, verbunden durch den Wunsch nach Selbstbestimmung … Um 1570: Abelke Bleken bewirtschaftet in Ochsenwerder als alleinstehende Bäuerin einen der prächtigsten Höfe weit und breit: Ein Unding für viele ihrer Zeitgenossen. Tapfer behauptet sich Abelke. Doch dann lässt eine Springflut Dämme brechen – in jeder Hinsicht … Um 2020: Britta Stoever ist aus der Hamburger Innenstadt in die Marschlande gezogen. Ihrem Ehemann und ihren zwei Kindern zuliebe hat sie ihren Beruf aufgegeben. Bei ihren langen Spaziergängen in der neuen Heimat stößt sie immer wieder auf Spuren, die Abelke Bleken hinterlassen hat. Je tiefer Britta in Abelkes Leben und den Hexenprozess gegen sie eintaucht, desto mehr erfährt sie über sich selbst – und über Ungerechtigkeiten in unserem Hier und Jetzt.

Aufrüttelnd aktuell und bilderreich poetisch!

3 Fragen an Jarka Kubsova

Was hat Ihre Faszination an den Marschlanden geweckt und was macht die Landschaft für Sie einzigartig?
Man merkt dieser Landschaft an: Sie ist abgetrotzt. Entwässert, eingedeicht, begradigt. Sie hat den Menschen viel abverlangt dafür, dass sie dort leben können. Man sieht das an uralten Deichlinien, den Entwässerungsgräben und gekappten Elbarmen. Es ist eine Landschaft, die man seit Jahrhunderten versucht zu zähmen – aber nicht immer ist das gelungen. Auch die Fluten und Stürme, die dort durchgerast sind, haben ihre Spuren hinterlassen.

Wieviel Abelke und wieviel Britta steckt in Ihnen selbst?
Abelke habe ich versucht so zu zeichnen, wie es die historischen Aufzeichnungen über sie zulassen: Eine zähe Frau, arbeitsam und widerständig. Eine, die sich bis zuletzt zu behaupten versucht. Britta habe ich vor allem mit meiner eigenen Neugierde und dem brennenden Interesse an Abelke und der Landschaft ausgestattet. Sie sucht in der Manier, wie ich selbst gesucht habe: Nach Abelkes Spuren, nach einem deutlicheren Bild von ihr, nach ihrer wahren Geschichte.

Was macht „Marschlande“ bewusst und wozu ermutigt es?
Zwischen dem Leben von Britta und Abelke liegen fast fünfhundert Jahre – und doch machen beide Frauen in bestimmten Situationen ähnliche Erfahrungen: wenn sie die Rollenerwartungen verlassen, wenn sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind, wenn sie zu viel wollen oder zu viel erreichen. Denn das sind noch immer Situationen, die für Frauen gefährlich werden können, egal ob vor Jahrhunderten oder heute. Das ist erschreckend, aber es verdeutlicht auch etwas. Und es ist diese Bewusstwerdung, die Britta schließlich zum Handeln bringt.