TREFFEN SICH ein Kabarettist, ein Psychiater und ein Astrophysiker, um über Gott zu sprechen … Nein, das ist kein Witz, sondern die ideale Ausgangsvoraussetzung für einen lebendigen Dialog. Umso spannender wird die Sache durch die unterschiedlichen Prägungen und Positionen der drei prominenten Diskutanten: Günther Paal alias Gunkl (o.l.) ist Fundamental-Agnostiker, Manfred Spitzer (u.l.) katholisch sozialisiert und kirchenfern, Harald Lesch (u.r.) Protestant. Das kann heiter werden? Wird es auch – ganz im Ernst. Und anregend noch dazu.

Entwarnung: Ums Rechthaben geht es hier nicht. Niemand will missionieren oder Gewissheiten geltend machen. Wichtiger als vermeintlich absolute Wahrheiten sind dem Gesprächstrio existenzielle Fragen. Lesch: „Gibt es eine objektive Position, wo Gott steckt in dieser Welt?“ Was hat es überhaupt mit ihm auf sich? Welche Bedeutung hat er für unseren Planeten und für unser Leben? Wo und wie kommt man ihm auf die Spur? Das und vieles mehr ergründen Lesch, Spitzer und Gunkl mit Lust am leidenschaftlichen Philosophieren. Hand in Hand gehen dabei Mut zur Kontroverse und konstruktives Miteinander – die beste Voraussetzung für gemeinsame Erkenntnisse. Manfred Spitzer, einer der bedeutendsten Gehirnforscher hierzulande: „Wir sind die Summe unserer Erfahrungen.“ Er erzählt, warum er einst eben doch nicht Messdiener wurde, und Gunkl, Enkel einer „sehr religiösen Oma“, erinnert sich an die Sonntage seiner Kindheit, als Gott durch einen kleinen oder größeren Ausflug erreichbar schien: In und um Wien war keine Kirche sicher vor seiner Familie, die überall die Heiligenbilder bewunderte. Er selbst kam dann irgendwann ins Grübeln, genau wie Spitzer.

„Jedes Ich braucht ein Du!“

Während beide der katholischen Kirche kritisch gegenüberstehen, versteht sich Harald Lesch als „Protestant vom Scheitel bis zur Sohle“. Seinen „Konfirmandenglauben“ hat er sich bewahrt, obwohl er professionell auf Fakten und Formeln spezialisiert ist: Seit 1995 ist Lesch Professor für Astrophysik sowie beobachtende und experimentelle Astronomie an der Universität München. Und er kennt sie genau, die „langen Diskusssionen, wie Naturwissenschaften und Gott miteinander auskommen könnten“.

Für Lesch und andere bedeutende Physiker schließt sich das keineswegs aus – im Gegenteil, wie er gern mit Blick auf Werner Heisenberg feststellt: „Zu wenig Wissenschaft führt von Gott weg. Zu viel Wissenschaft führt hin zu Gott.“ Lesch verweist auf Heisenberg, weil „der durch seine Tätigkeit als theoretischer Physiker, der sich mit den Tiefen der Struktur der Materie beschäftigt hat, tief religiös wurde. Max Planck ebenso. Und Einstein, puh …“

Neben Glauben geht es auch um das Gegenteil. Spitzer: „Zweifel ist ein ganz wesentlicher Baustein in der Auseinandersetzung mit etwas, dessen Eigenschaften nur ganz schwer zu benennen sind. Für den Gläubigen ist es der große Abgrund, über den er drüber muss.“ Spitzer weiter: „Der Zweifel ist für mich mein größter Freund und mein größter Feind. Himmel noch einmal. Ich wäre so gern sicher …“ Warum überhaupt das ganze Kopfzerbrechen? Gunkl gilt Religion als „sozialer Kitt“ zur Gewährleistung eines guten Miteinanders. Lesch verweist auf den jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber: „Jedes Ich braucht ein Du.“