ALS KAISER FRANZ JOSEPH begeisterte der Schauspieler Jannik Schümann in der RTL-Serie „Sisi“ ein Millionenpublikum, jetzt beginnen die Dreharbeiten für die dritte Staffel. Bekannt wurde er 2011 an Seite von Wotan Wilke Möhring durch „Homevideo“, danach trat er unter anderem in der Serie „Charité“ und beim „Tatort“ auf und spielte die Hauptrolle in den Romanverfilmungen von Andreas Steinhöfel und Juli Zeh. Im Interview verrät uns der leidenschaftliche Leser seine aktuellen Lieblingsbücher.

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Welche Bücher hast du uns mitgebracht?
Als ich gefragt wurde, welche Bücher meine Lieblingsbücher sind, stand für mich total fest, dass Harry Potter dabei sein muss. Ich bin mit ihm großgeworden, quasi mitgewachsen. J.K. Rowling hat es geschafft, einer Generation Bücher in die Hand zu drücken, und dass sie wieder lesen. Man hat ja überall einfach nur noch Menschen gesehen, die dieses Buch in den Händen gehalten haben. Ich weiß noch, dass der siebte Teil einen Tag vor meinem Geburtstag auf Englisch herauskam. An dem Tag bin ich in Hamburg in die U3 gestiegen und ich lüge nicht, wenn ich sage, 80 % der Menschen in diesem Abteil hatten dieses Buch in der Hand. Es hat mich zerfressen, weil alle schon mehr wussten als ich.

Die Autorin steht in letzter Zeit häufig in der Kritik …
Ich muss dazu sagen, ich teile ihre politische Einstellung nicht. Ich hatte letztens mit meiner besten Freundin ein Gespräch, inwiefern man Werke von deren AutorInnen trennen kann. Und wir haben uns entschieden, dass wir keine neuen Werke mehr von J.K. Rowling lesen wollen. Aber Harry Potter kann uns nicht genommen werden.

 „Ich finde alles, was mit Competition zu tun hat, ziemlich geil.“

Warum hast du dir Teil vier ausgesucht?
„Harry Potter und der Feuerkelch“ ist einfach für mich der Spannendste. Ich finde alles, was mit Competition zu tun hat, ziemlich geil. Das trimagische Turnier und die Zusammenführung der verschiedenen Schulen sind extrem spannend.

In welches Haus von Hogwarts gehörst du?
Ich habe natürlich den Test gemacht und bin ein Ravenclaw. Ich bin ein richtig großer Harry-Potter-Fan und habe mir auch etwas tätowieren lassen. Es war tatsächlich mein allererstes Tattoo und es ist ein bisschen basic, für mich aber extrem cool. Ja, ich habe die Heiligtümer des Todes auf meinem Körper. Ja, alle Menschen, die das Tattoo sehen und erkennen, finde ich cool. Alle Menschen, die das sehen und denken „Was ist das für eine Grafik“ finde ich erst mal tendenziell uncool, aber man hat gleich etwas, worüber man reden kann.

Was ist dein absolutes Lieblingsbuch?
„Das späte Geständnis des Tristan Sadler“. Alle meine FreundInnen und alle aus meiner Familie besitzen dieses Buch, weil ich es ihnen geschenkt habe. Nicht viele Menschen kennen es, obwohl John Boyne den meisten durch „Der Junge im gestreiften Pyjama“ ein Begriff ist. Es ist so dramatisch und tragisch wie alle seine Bücher. Es hat einen, finde ich, gar nicht so coolen deutschen Titel, das Original heißt „The Absolutist“ und handelt von einer queeren Lovestory während des Ersten Weltkriegs zwischen zwei britischen Soldaten, die natürlich strengstens verboten war. Ich würde nicht übertreiben, wenn ich sage, dass ich extrem viel geheult habe.

Liest du ein Buch lieber in einem Rutsch oder stückweise?
Ich liebe es, Bücher in einem Rutsch zu lesen. Am besten schafft ein Buch es, dich in seinen Sog zu ziehen, sodass du es einfach nicht mehr aus der Hand legen kannst. Es gibt Phasen, in denen ich dann wirklich überall lese. In der U-Bahn setze ich mich hin und lese und wenn ich aussteige, gehe ich weiter und lese immer noch. Man sieht mich wirklich so durch die Straßen laufen. Dann gibt es aber auch Phasen, in denen das einfach nicht möglich ist. Zuletzt habe ich „Das achte Leben / Für Brilka“ über eine weite Strecke ziehen müssen. Ich hätte mir gewünscht, ich hätte es in einem Rutsch gelesen, weil immer die Passagen, an denen ich wirklich drangeblieben bin, dann wieder richtig geil waren. Deswegen tendenziell eher Bücher in einem Rutsch durchlesen.

Wie viele Bücher besitzt du?
Ich habe wirklich gerade vor zwei Tagen meine Bücher nach Farben sortiert, weil ich Langeweile hatte, vielleicht sind es 50 – 60. Also ich finde es gar nicht so viel. Ich habe relativ viel aussortiert und ich leihe mir auch Bücher, wenn ich sie lese.

Liest du mehr auf Deutsch oder Englisch?
Ich lese tatsächlich relativ viel im Original. Ich studiere gerade noch englische Literatur, komischerweise habe ich aber irgendwann angefangen, John Boyne auf Deutsch zu lesen und deswegen damit weitergemacht. Von seinen Büchern habe ich alle gelesen, bis auf sein aktuellstes, das nehme ich jetzt mit nach Riga.

„Sally Rooney ist die Stimme unserer Generation.“

Welche Geschichte hat dich zuletzt in ihren Bann gezogen?
„Normale Menschen“, eine intensive On-Off Liebesgeschichte von der Bestsellerautorin aus Irland. Ich finde, dass Sally Rooney die Stimme unserer Generation ist. Wenige Menschen beschreiben so genial, wie unsere Generation funktioniert. In allen ihren Büchern geht es eigentlich darum, dass Menschen dasselbe wollen, aber nicht schaffen, miteinander zu kommunizieren und deswegen etwas nicht erreichen. Das Abgefahrene ist, dass ich, als ihr letztes Buch „Schöne Welt, wo bist du?“ herauskam, wieder das Erlebnis hatte, was ich vorhin über Harry Potter erzählt hatte. Ich wohne in Kreuzberg und bin am Kanal spazieren gegangen. Es ist wirklich auf jeder zweiten Parkbank eine Person gesessen und hatte Sally Rooneys neuen Roman in der Hand. Das sagt eigentlich alles über diese Autorin aus.

Hast du als erstes das Buch gelesen oder den Film?
Ich habe zuerst das Buch gelesen, dann ihr erstes Buch und dann das dritte Buch. Ich bin durch normale Menschen auf sie aufmerksam geworden. Übrigens eine fantastische Verfilmung.

Wenn du selbst mal ein Buch schreiben müsstest, worum würde es gehen?
Dann wäre es eine Liebesgeschichte mit viel Drama. Nein, also ich weiß nicht, ob ich der beste Autor bin, aber ich hätte schon eine Idee.

Das nächste Buch, das du uns mitgebracht hast, wurde sogar mit dir verfilmt …
Ich habe überlegt, ob ich es mitbringen darf, weil ich nicht wollte, dass es so klingt, als würde ich dafür Werbung machen. Aber ich musste euch Andreas Steinhöfel „Die Mitte der Welt“ mitbringen. Es ist eine Coming-of-Age-Story eines Jungen, aus einer Kleinstadt, der sich in seinen Mitschüler verliebt. Hals über Kopf. Was Andreas Steinhöfel schafft, und zwar schon Ende des 20. Jahrhunderts, ist eine Liebesgeschichte zu schreiben, die erst mal den schwulen Stempel haben könnte, in der es aber um so viel mehr geht als um Homosexualität.

„Es geht um die Liebe …“

Um was geht es stattdessen?
Es geht um die Liebe und um das Sich-in-Menschen-verlieben. Homosexualität ist überhaupt nicht negativ in diesem Buch. Es geht weder darum, dass er sich outen muss, noch geht es darum, dass er gemobbt wird von MitschülerInnen. Alle haben einfach akzeptiert, dass er sich in einen Jungen verliebt. Das ist überhaupt kein Drama. Und das macht dieses Buch so ganz besonders, ich kann es auch allen Teenies empfehlen, dieses Buch zu lesen.

Wie stehst du insgesamt zu Buch-Verfilmungen?
Ich habe schon in relativ vielen Verfilmungen mitwirken dürfen und freue mich immer darauf. Ich finde es total spannend, wie kreative Köpfe zusammenarbeiten – oder auch nicht. Die AutorInnen sind ja nicht immer mit eingebunden in den kreativen Prozess. Gerade ist es wieder ein krasser Hype, Romane zu verfilmen, sogar Podcasts. Wenn es einfach ein richtig geiles Fundament gibt, eine richtig geile Story, warum die dann nicht verfilmen. Und ich finde es total spannend, Orte visualisiert zu bekommen. Das Magische beim Lesen ist, dass man sich die Welten vorstellt und man Bilder bekommt, wie die Charaktere aussehen. Ich finde es total spannend, dann am Ende den Film zu gucken und mich zu fragen: „Hey, was ging eigentlich in den Köpfen der MacherInnen vor und wie haben die sich das alles vorgestellt.“

Wie findest du Zeit fürs Lesen?
Das hängt so ein bisschen von der Situation ab, ob ich woanders oder zu Hause drehe, ob ich gefangen bin im Alltag. Ich kann viel mehr lesen, wenn ich woanders bin. Als ich die erste Staffel von Sisi gedreht habe, habe ich in den vier Monaten 21 Bücher gelesen. Das war mein absoluter Rekord und hat mir total geholfen, quasi vom Set Tschüss zu sagen, nach Hause zu gehen und in meine Welt abzutauchen und so ein bisschen Abstand zu gewinnen. Für mich war das immer das Schönste, der Moment, sich ins Bett zu legen und das Buch in die Hand zu nehmen.

Was ist deine erste Erinnerung ans Lesen?
Ich habe viel vorgelesen bekommen von meiner Mama. Und an den Bücherwagen, der dann einmal die Woche vor der Schule hielt, an den kann ich mich noch gut erinnern. An den Duft, wenn man reingeht und so. Ich habe immer vergessen, die Bücher rechtzeitig abzugeben und Mahngebühren zahlen müssen.

Welches Buch hast du noch für uns dabei?
„Ein wenig Leben“ von Hanya Yanagihara, ein Roman, der so viel Inhalt hat und so tief ist und so, so viel mit einem macht. Es wird die Geschichte von vier Männern in New York erzählt. Der Protagonist der Geschichte ist Jude, der alles andere als eine glückliche Vergangenheit hat. Er wurde wahnsinnig viel misshandelt, das fing schon im Kloster und in seiner Kindheit an, und man dachte immer, er hätte es geschafft, er wurde rausgeholt und ist aber wieder schlechten Menschen in die Arme gelaufen.

„… eigentlich eine Geschichte über Nähe.“

Was ist der Kern der Geschichte?
Die Geschichte ist eigentlich eine Geschichte über Nähe. Wie lässt man Nähe zu, wenn man so etwas Schlimmes erlebt hat? Jude ist homosexuell. Wie lässt man Nähe zu seinem Partner zu? Wie lässt man Nähe zu seinen FreundInnen zu? Nähe und Liebe. Das Krasse an diesem Buch ist einfach, wie eine Frau es schafft, in die Köpfe vierer Männer einzutauchen und versteht, wie Männer denken. Ich habe das Buch verschlungen.

Das Buch ist aber nicht ganz ohne …
Kurze Triggerwarnung: Das Buch sollte man nicht lesen, wenn man zart besaitet ist. Ich habe viele FreundInnen, die aufgehört haben, dieses Buch zu lesen, weil diese sexuellen Missbräuche, von denen ich gerade erzählt habe, sehr, sehr detailliert beschrieben werden. Es ist wirklich ein ziemlich heftiges Buch, aber in keinster Weise und in keiner Sekunde so, dass das einfach so zur Schau gestellt wird. Es ist wirklich ein krasses Buch und ich möchte es nicht verfilmt sehen, die Theater-Adaption will ich auch nicht sehen. Das finde ich tatsächlich viel zu viel zu schlimm und traumatisch, glaube ich.

Was glaubst du würde mit unserer Welt passieren, wenn einfach ein paar mehr Menschen Bücher lesen würden?
Ich glaube, viele Menschen verstehen immer noch nicht, dass Lesen etwas absolut Magisches ist und dass man so viel lernen kann, auch aus Romanen, es müssen keine Sachbücher sein. Für mich ist es einfach ein Happy Place, ein Buch in der Hand zu haben und in eine Geschichte einzutauchen. Und es wäre doch eigentlich ziemlich schön, wenn mehrere Menschen ihren Happy Place finden würden.

Wusstest du, wenn du nur zehn Minuten am Tag liest, eine Stressreduktion von 23 % eintreten kann?
Da müsste ich ja wahnsinnig entspannt sein!

Wo kaufst du häufig deine Bücher?
Es gibt ja generell das Problem, dass ich nicht in Buchhandlungen reingehen darf, weil das bedeutet, dass ich nicht ohne ein Buch rauskomme. An Buchhandlungen finde ich alles genial, auch den Duft eines neuen Buches. Klingt ja so, als wäre ich ein Koch und würde euch so von einem Rezept erzählen. Aber ich finde das wirklich so lecker. Der Supermarkt, in dem ich sehr oft einkaufen gehe, befindet sich in einem Laden, in dem im Erdgeschoss eine Hugendubel Abteilung ist. Wenn ich aus dem Supermarkt rausgehe, muss ich durch die Hugendubel Abteilung gehen, das heißt, es passiert oft, dass ich mit vollen Tüten noch ein Buch kaufe. Ich weiß mittlerweile, welchen Weg ich gehen muss, damit ich quasi zwischen irgendwelchen Ratgebern und Spielen lang gehe, denn dann kaufe ich nichts. Am Gang mit den Buchempfehlungen der Mitarbeitenden darf ich nicht vorbeigehen.

„Ich liebe gutaussehende Cover.“

Cover-Kauf oder persönliche Empfehlung?
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir Buchcover egal wären. Ich liebe gutaussehende Cover wie „Offene See“, das spricht mich sofort an. Und ich schätze es sehr, mir von Leuten Bücher empfehlen zu lassen.

Welche persönliche Empfehlung hast du als letztes gelesen?
„Offene See“ von Benjamin Meyers wurde mir von einem Bekannten ans Herz gelegt. Diese Geschichte hat mich einfach emotional so mitgenommen, sie spielt in England, unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg und handelt von einem 16-Jährigen auf einer Wanderung ans Meer, die offene See. Auf dem Weg trifft er auf eine Frau, die anders ist, wahnsinnig direkt, etwas älter und mit einem großen Geheimnis. Zwischen ihnen entwickelt sich eine Freundschaft, die ich so besonders finde und die ich selten so irgendwo gelesen habe. Gleichzeitig ist das Buch eine Liebeserklärung an die Lyrik, man verliebt sich einfach in die Magie der Sprache. Das Buch empfehle ich auch allen weiter, letzten Monat habe ich es gerade wieder verschenkt.

Nutzt du Instagram für Buchinspiration?
Tatsächlich ist Instagram ein Medium, das mir total geholfen hat, neue Bücher zu finden. Es gab schon Phasen, in denen mein vorgeschlagener Feed aus Buchempfehlung bestand. Und das fand ich total wichtig und total cool rauszufinden, was Leute lesen. Ich habe eine Zeitlang auch immer das gelesen, was Reese Witherspoon in ihren Book Clubs vorgeschlagen und vorgestellt hat und finde das total geil. Ich find es einfach cool, wenn Leute über Bücher reden.

Was ist dein Lieblingsmoment, um zu lesen?
Morgens im Bett, Kaffee machen und dann Zeit haben, im Bett liegen mit einem Kaffee und zu lesen und die Sonne fällt so ein bisschen ins Fenster.

„Ich bin auf jeden Fall ein Print-Fanatiker.“​

Print, eBook oder Hörbuch?
Ich bin auf jeden Fall ein Print-Fanatiker. Ich habe noch nie ein eBook gelesen. Hörbücher höre ich, aber ich höre mehr Hörspiele.

Wenn du von diesen Büchern nur eins mit auf eine einsame Insel nehmen dürftest, welches wäre es?
Das macht es jetzt schwer. Ich glaube entweder „Offene See“ oder „Harry Potter“. Müsste ich mich entscheiden, dann wäre es „Harry Potter“.

John Boyne
Das späte Geständnis des Tristan Sadler
Übersetzt von: Werner Löcher-Lawrence
Piper
336 Seiten
14,– €
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Benjamin Myers
Offene See
Übersetzt von: Klaus Timmermann, Ulrike Wasel
DuMont
267 Seiten
12,– €

Auch als eBook | Hörbuch auf Hugendubel.de erhältlich

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J.K. Rowling
Harry Potter und der Feuerkelch
Übersetzt von: Klaus Fritz
Carlsen
704 Seiten
27,– €

Auch als eBook | Hörbuch auf Hugendubel.de erhältlich
Ab 10 Jahren

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