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Mehrfach-Happy-End für Coco Mellors! Von London nach New York gezogen und manchmal etwas einsam, begann sie zu schreiben. Fünf Jahre und viel Herzblut stecken in ihrem Debütroman – ein Sensationserfolg in den USA und Großbritannien. „Cleopatra und Frankenstein“ brachte ihr sogar Vergleiche mit Sally Rooney und Hanya Yanagihara ein. Die New-York-Romanze betört als „Liebesbrief an die Liebe“ (Nathan Englander) und offenbart zugleich Abgründe hinter glänzenden Fassaden. Eine Welt, die Coco Mellors genau kennt. Inzwischen ist sie glücklich verheiratet und statt auf Partys lieber in Bibliotheken, z.B. zum Feilen am Drehbuch zur Verfilmung ihres Debütbestsellers.
In Ihrer Biografie reiht sich an London und New York nun Los Angeles. Würden Sie sich als Metropolenmensch bezeichnen?
Ja, ich bin definitiv ein Stadtmensch. Es ist beglückend, sich in unmittelbarer Nähe von so vielen unterschiedlichen Leben zu bewegen und mitzubekommen, auf welche unvorhergesehene Weise sie einander überlappen. Andere Menschen inspirieren mich unheimlich – zufällig belauschte Gespräche, ein durchs Taxifenster entdecktes Outfit, flüchtige Momente der Intimität zwischen Fremden – und Städte sind die ergiebigste Quelle für diese Art von Inspiration.
„Auch meine Figuren sind ziemlich extrem.“
Als Schauplatz für Ihren Debütroman haben Sie New York gewählt. Warum?
Ich bin mit fünfzehn von London nach New York gezogen, deshalb hat die Stadt schon früh eine große Rolle in meinem Leben gespielt. New York ist eine Stadt der Extreme – extrem trubelig, extrem teuer, extrem aufregend. Ich glaube, das war ein guter Nährboden für die Art von Literatur, die ich gern schreibe, denn auch meine Figuren sind ziemlich extrem.
Der Anfang Ihres Romans hat etwas von einem Hollywood-Happy-End. Wie sehen Sie diese Silvesterszene und worauf kommt es Ihnen bei dem Feuerwerk der Gefühle an?
Mit dem Romananfang wollte ich das knisternde, funkensprühende Gefühl einfangen, wenn man jemanden trifft, mit dem die Chemie stimmt, zu dem man sich augenblicklich hingezogen fühlt. Denn das ist eine idealisierte Form der Verbindung, die nur existieren kann, bevor man sich richtig kennenlernt. Der Rest des Romans erkundet, was passiert, wenn diese scheinbar perfekte Romanze sich an der chaotischen Realität des Alltags messen muss.
Würden Sie es Amour fou nennen? Oder verbindet Cleo und Frank etwas anderes?
Ich glaube, ihr Verhältnis ist anfangs relativ oberflächlich, aber je besser sie sich kennenlernen, desto deutlicher wird, dass sie vieles gemeinsam haben. Nur wirken diese Gemeinsamkeiten einer gesunden Beziehung eher entgegen. Beide hatten eine schwierige Kindheit mit Müttern, die nicht in der Lage waren, sich um sie zu kümmern, beide haben unaufgearbeitete selbstzerstörerische Tendenzen und zugleich die Hoffnung, gemeinsam heilen zu können.
„Ich interessiere mich für Dynamiken …“
Statt „Boy meets Girl“ trifft eher „Man meets Girl“ auf Frank und Cleo zu. Welche wesentlichen Unterschiede verursacht das?
Ich interessiere mich für Dynamiken, die sich immer wieder beobachten lassen, und Beziehungen zwischen älteren Männern und jüngeren Frauen gehören definitiv dazu. Ich glaube, häufig versprechen sich beide Seiten etwas von so einer Beziehung. Für Cleo ist es Status, Stabilität und finanzielle Sicherheit. Für Frank ist es die jugendliche Frische, Kreativität und Schönheit, die er in seinem Leben vermisst. Klingt erst einmal ideal, aber ich wollte ausloten, was passiert, wenn dieser Vertrag auf den Prüfstand gestellt wird. Bekommen beide Seiten, was sie wollten, oder waren ihre Hoffnungen vergebens?
Frank arbeitet mit seiner Werbeagentur für eine Rumfirma mit dem Slogan: „Irgendwo ist immer eine Party. Finde sie!“ Das scheint er selbst ein bisschen zu wörtlich zu nehmen. Was treibt ihn um?
Frank ist jemand, der immer glaubt, das Nächste, was passiert, sei das Beste. Der nächste Drink, die nächste Party, die nächste Beziehung … Er jagt der Liebe und Erfülltheit hinterher, doch durch dieses ständige Gehetztsein fühlt er sich einsamer und leerer als je zuvor.
„Mode ist ein wirkungsvolles Mittel zur Selbstdarstellung.“
Kleidung scheint für viele Ihrer Romanfiguren mehr zu sein als Mode. Wie würden Sie die Bedeutung der Outfits und Stylings erklären?
Virginia Woolf hat einmal gesagt, „Kleider […] verändern unsere Sicht auf die Welt und die Sicht der Welt auf uns“, und ich stimme ihr zu. Mode ist ein wirkungsvolles Mittel zur Selbstdarstellung, kann aber auch genutzt werden, um sich zu verstecken. Von meinen Figuren sind es wohl die beiden jüngsten Frauen, Cleo und Zoe, die sich der Macht von Kleidung und Mode am bewusstesten sind und sie sich bereitwillig zunutze machen.
Dass Cleo und Frank ein Paar werden und heiraten, verändert ihr Leben komplett. Welche Auswirkungen finden Sie am tiefgreifendsten und schicksalhaftesten?
„Cleopatra“ und „Frankenstein“ sind die Masken, die Cleo und Frank tragen, als sie sich kennenlernen, die Geschichten, die sie aufeinander projizieren. Und das ist auch die tiefgreifendste Veränderung, die ihre Hochzeit mit sich bringt. Denn sie müssen ihre Masken abnehmen und sich einander in ihrer ganzen Verletzlichkeit zeigen – mit all ihren Fehlern und zutiefst menschlich –, um zu ergründen, ob nur Cleopatra und Frankenstein zusammenpassen oder auch Cleo und Frank.
Warum haben Sie Santiago in seiner Hochzeitsrede für Cleo und Frank ausgerechnet ein Zitat aus „Don Quijote“ in den Mund gelegt und was würden Sie selbst lieben Menschen mit auf den gemeinsamen Lebensweg geben?
Ich wollte Santiago etwas in seiner Muttersprache sagen lassen, das seine Hoffnung und sein sanftes Wesen offenbart. Ich selbst würde einem befreundeten Paar den Rat geben, dass sich Liebe nicht in großen Augenblicken wie der Hochzeit zeigt, sondern in der Summe der alltäglichen, beinahe nebensächlichen Gesten der Hingabe, die das Zusammenleben so schön machen.
„… Rom vereint all diese Eigenschaften!“
Warum musste es für das Finale Ihres Romans einfach Rom sein?
Ich wollte ein Ende, das romantisch, opernhaft und hemmungslos dramatisch ist, und Rom vereint all diese Eigenschaften! Mein Schreiben ist sehr visuell, deshalb gefiel mir die Vorstellung der wirbelnden Schwärme von Staren über der Stadt. Ein einprägsames Bild für das Ende des Romans.
An Ihrem Roman haben Sie rund sieben Jahre gearbeitet. Was hat Sie dabei am intensivsten beschäftigt? Und was haben Sie über das Schreiben und sich selbst entdeckt?
Es hat fünf Jahre gedauert, das Buch zu schreiben, und noch mal zwei Jahre, bis es erschienen ist, wegen der Pandemie. In dieser Zeit habe ich definitiv gelernt, wie wichtig Geduld ist! Und dass auch der Prozess etwas Schönes sein kann, unabhängig vom Ergebnis. Ich konzentriere mich ganz aufs Schreiben, auf die Seite vor meinen Augen, der Rest geschieht von allein.