25 JAHRE DURCHBLICK – das perfekte Motto zum Jubiläum von „C.H.Beck Wissen“! Dr. Jonathan Beck, in siebter Generation an der Spitze des mehr als 250 Jahre jungen Traditionsverlages, erläutert das Besondere der Reihe, die 1995 an den Start ging – und ihm selbst schon zur Abiturvorbereitung hilfreich war. Die inzwischen mehr als 700 Bände bieten eine enorme Bandbreite von „Klassische Rhetorik“ bis „Klimawandel“ und „Künstliche Intelligenz“. „Eine Universalbibliothek des Wissens“ (NZZ).
Aufgewachsen sind Sie in einem Elternhaus, in dem oft namhafte Autoren zu Gast waren. Welche Besucher und Begegnungen sind Ihnen am lebendigsten in Erinnerung?
Fritz Stern kam, wenn es ihn nach München verschlug, meistens auch für einen Abend zu uns, er hat dann immer die ganze Runde unterhalten mit gleichermaßen komischen wie lehrreichen Anekdoten aus seinem Leben und der deutschen Geschichte. Diese unvergleichliche Erzählkunst prägt auch seine Autobiographie „Fünf Deutschland und ein Leben“.
Die Stationen Ihrer Laufbahn reichen von der Humboldt-Universität über das englische Kartellamt bis zu einem New Yorker Verlag. Wie hat das Ihren Blick geprägt?
In meinem Studium und beim englischen Kartellamt habe ich gelernt, dass „number crunching“ zwar hilfreich sein kann, um gute Entscheidungen zu treffen, dass ich mich aber nicht mein ganzes Arbeitsleben lang nur mit Zahlen und Wirtschaftspolitik beschäftigen möchte. In New York habe ich wichtige, bereichernde Kontakte geknüpft und gelernt, wie sehr die Buchwelt ein „people business“ ist – und auch sein muss!
„Allgemeinverständlich – nicht mehr als 128 Seiten.“
1995 begründete Ihr Verlag einen großen Erfolg: die Reihe mit dem Titel „C.H.Beck Wissen“. Wie würden Sie die zentrale Idee auf den Punkt bringen?
Das wichtigste Wissen für jede gesellschaftliche Fragestellung und jeden Themenbereich, allgemeinverständlich dargestellt von führenden ExpertInnen auf nicht mehr als 128 Seiten.
Das Vierteljahrhundert seit dem Reihenstart ist geprägt von immer schnelleren Veränderungen. Die Reihe „C.H.Beck Wissen“ hat sich nicht nur behauptet, sondern es wurde Erfolgsgeschichte geschrieben. Welche Hauptqualitäten stehen dahinter?
Ich würde sagen: Die aktualitäts- und leserorientierte Auswahl von Themen und die hervorragende, immer jeweils eigene Art und Weise, wie die AutorInnen die Zielsetzung der Reihe erfüllt haben.
Schon im 12-bändigen Startprogramm war Jürgen Osterhammel vertreten, von dem bei C.H.Beck seither mehrere große und wichtige Werke erschienen sind. Wie exemplarisch ist diese Verbundenheit zwischen Verlag und Autor? Was zeichnet sie aus? Und inwiefern kommt es C.H.Beck darauf an, die Entwicklungen und wichtigen Positionen in der Historiografie zu spiegeln?
C.H.Beck versteht sich als ein – nicht nur in Deutschland, sondern auch international – führender Verlag für die Geschichtsschreibung. Deswegen gehört es selbstverständlich zu unseren Aufgaben, neue Entwicklungen wie die von Jürgen Osterhammel in den frühen 2000er Jahren vorangetriebene Globalgeschichte schnell ins Programm aufzunehmen. Und als Autorenverlag liegt uns natürlich immer an langfristig fruchtbaren, über einzelne Bücher hinausgehenden Beziehungen zu unseren Autoren, erst recht in so exzellenten, weltweit hervorragenden Fällen wie Jürgen Osterhammel.
Der Jubiläumsslogan lautet „25 Jahre Durchblick“. Wie wird dieses Versprechen eingelöst?
Mit dem Slogan verbinden wir das Versprechen der Reihe – Wissen und Verstehen – mit einem Hinweis auf die inzwischen klassische Gestaltung der Umschläge. Darauf bietet ein kleines, quadratisches Motivfenster einen ersten Durch- bzw. Einblick ins Thema.
Durch welches Buch haben Sie als Leser die Reihe „C.H.Beck Wissen“ für sich entdeckt?
Ich habe einige Bände zur Vorbereitung auf meine Abiturprüfung gelesen. Welche, das habe ich leider vergessen – wie so vieles andere aus der Schulzeit.
„Nachhaltige Wissensvermittlung in Buchform.“
Von Anfang an hat sich „C.H.Beck Wissen“ durch namhafte Autoren empfohlen. Welche Idealvorstellung oder Leitlinie liegt zugrunde?
Eigentlich versuchen wir bei jedem von uns initiierten Sachbuch, den bzw. die jeweils bestmögliche ExpertIn als AutorIn zu gewinnen. Wir machen da auch bei der Reihe C.H.Beck Wissen keine Ausnahme, denn es geht bei einem guten Sachbuch nie etwa nur darum, die wesentlichen harten Fakten zu versammeln, wie das etwa ein Wikipedia-Artikel – hoffentlich! – tut. Echte, nachhaltige Wissensvermittlung in Buchform baut auf dem persönlichen Zugang des jeweiligen Autors auf, seinem Erzählstil und auf dem roten Faden, mit dem er oder sie alle wesentlichen Aspekte eines Themas verbindet.
So eigenständig die einzelnen Titel aus der Wissensreihe sind – man könnte sie auch als Startbasis oder Einladung verstehen, das Gesamtwerk dieses oder jenes Autors zu entdecken und erschließen, oder? Welche Beispiele fallen Ihnen spontan als besonders gewinnbringend ein?
Jürgen Osterhammels Name ist bereits gefallen, außerdem fallen mir ein: Ulrich Herbert und „Das Dritte Reich“, Barbara Stollberg-Rilinger und „Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation“ sowie Hermann Parzinger und „Die Skythen“.
Was macht die jüngsten Neuerscheinungen repräsentativ für die Reihe?
Geschichte bildet einen gewissen Schwerpunkt, aber davon abgesehen ist an der Bandbreite im Frühjahr 2020 vor allem charakteristisch, dass sie groß ist: Sie reicht von der Philosophie und der antiken Dichtkunst über die Geographie („Alpen“) und die Geopolitik („Der Nahostkonflikt“, „Das neue China“) bis hin zu aktuellen Themen wie der „Künstlichen Intelligenz“.
Der Jubiläumsband ist Ernst Peter Fischer zu verdanken. Was machte es C.H.Beck wichtig, den Wissenschaftshistoriker zu gewinnen?
Ernst Peter Fischer ist nicht nur ein exzellenter Naturwissenschaftler – übrigens ein Schüler des Nobelpreisträgers Max Delbrück –, sondern auch ein Meister der Vermittlung seines Wissens an ein Laienpublikum. Wir fanden zudem besonders attraktiv und anschaulich, wie er komplexe naturwissenschaftliche Sachverhalte immer auch geistesgeschichtlich einbettet.
Was ist für Sie das Faszinierende und Großartige an Ernst Peter Fischers Buch „Das wichtigste Wissen“?
Großartig und vielleicht – von uns so herausgefordert – auch einen Tick übermütig ist von Ernst Peter Fischer, auf nur 128 Seiten auszuführen, was er für das wichtigste Wissen hält. Dazu bedarf es großer Souveränität und wissenschaftlicher Redlichkeit. Im Ergebnis ist dieser Band ein Durchgang durch die Geschichte des Universums von den Anfängen bis in unsere Tage. Dabei wird – wenn man so will – der Fokus von Kapitel zu Kapitel immer schärfer gestellt, bis unsere Welt in den Blick rückt, die Geschichte des Menschen und schließlich seine Kultur in Kunst, Musik und Philosophie.
Und was hat Sie bei der Lektüre am meisten erstaunt oder gefesselt?
Ernst Peter Fischers Band artet an keiner Stelle in eine dezisionistische, katalogartige Aufzählung von Fakten aus. Und man spürt auf allen Seiten, dass der Autor stets den Menschen als Maß der Dinge im Auge behält.
„Versuch der Quadratur des Kreises.“
Für das Cover von „Das wichtigste Wissen“ wurde das Motiv „Der vitruvianische Mensch“ von Leonardo da Vinci gewählt. Welche Überlegung steckt dahinter?
Das einzigartige Universalgenie Leonardo da Vinci wird natürlich zum Thema in diesem Buch. Seine Zeichnung auf dem Umschlag lässt aber auch den Versuch der Quadratur des Kreises erkennen, die dem Anspruch, „das wichtigste Wissen“ auf 128 Seiten zu vereinen, inneliegt. Das Bild steht damit auch für das Ziel der ganzen Reihe, auf engstem Raum das wichtigste Wissen bestmöglich einem großen Publikum nahezubringen. Das wird immer der Versuch einer Quadratur des Kreises bleiben, an dem wir bei C.H.Beck uns jedoch alle mit Engagement und Freude beteiligen.
Die Jubiläumsbroschüre von „C.H.Beck Wissen“ präsentiert als Finale Bände zu Jahrestagen im Frühling 2020. Welche würden Sie hervorheben und was spricht dafür?
Auch wenn es hier leider nur zwei sind, nenne ich als kleines Indiz dafür, dass es uns erfreulicherweise immer wieder gelingt, eine Expertin für einen Wissen-Band zu gewinnen, die exzellenten Bände von Petra Terhoeven („Die Rote Armee Fraktion“) und Sybille Steinbacher („Auschwitz“, der übrigens bei Penguin UK ins Englische übersetzt wurde).