Zwei Stars, erstmals als kongeniales Autorenduo – mit dem Charme von Pech und Schwefel, Nitro und Glycerin: Deutschlands erfolgreichster Thrillerautor Sebastian Fitzek (SF) macht gemeinsame Sache mit dem profilierten Satiriker und TV-Moderator Micky Beisenherz (MB). Einig waren sich die zwei sofort: „Wir wollten etwas schreiben, das es so noch nie gab: eine Geschichte, über die man herzhaft lachen kann – und beim Umblättern bleibt einem genau dieses Lachen im Hals stecken.“ So haben die beiden den Psychothriller neu erfunden – mit „Schreib oder stirb“.

Was war für Sie das Hauptargument für Ihre Schreib-Kooperation?
SF: Ich liebe Mickys Humor und schätze ihn als Mensch. Daher war es für mich eine große Freude, mit ihm etwas Neues ausprobieren zu dürfen. Allerdings hatte ich Angst, dass der Sportfanatiker unsere Brainstorming-Meetings während des Berlin-Marathons abhalten will – was aber zum Glück nicht der Fall war.
MB: Haha. Wer mich kennt, der weiß, dass ich zu zweit wohl lieber einen Bier-Marathon abhalten würde. Sport mach ich gerne alleine. Und bloß keinen Marathon. Hey, ich schreibe ein Buch mit Sebastian Fitzek! Ich brauche kein Zieleinlauffoto mehr fürs Ego!

Und wie haben sich Ihre Erwartungen bei dem Schreib-Experiment erfüllt? Was war Ihr großartigstes Erlebnis bei Ihrer Kooperation?
SF: Für mich war der großartigste Moment, als ich zum ersten Mal schon auf der ersten Seite, die Micky von mir überarbeitet hat, laut loslachen musste und wusste: „Ja, das funktioniert!“
MB: Und für mich war es der Moment, als er mir sagte, dass er sehr lachen musste. Das hat mich echt glücklich gemacht. Überdies: Er ist auch ohne mich schon sehr witzig.

Was hat Sie bei Ihrer Zusammenarbeit am meisten aneinander überrascht?
SF: Verblüfft hat mich, dass Micky bei den Besprechungen immer einen Hafermilch-Latte bestellte, selbst aber in unserem Buch über die „Mitte-Hafermilch-Diaspora“ lästert.
MB: Ich korrigiere nur ungern! Es war Espresso macchiato. Der aber mit Hafermilch, ja. Würde ich alle Peinlichkeiten und Klischees aussparen, nur weil ich sie selbst erfülle – ich könnt ja nix mehr schreiben!

„Es war geradezu entsetzlich harmonisch.“

Was hat beim Schreiben die heftigste Zerreißprobe ausgelöst?
SF: Wer von uns beiden im Rollkragenpulli eine bessere Figur macht. Ansonsten ist es langweilig, aber wahr: Bei uns gab es keine Konflikte, außer die, die unsere armen Protagonisten aushalten müssen. Und die haben es ja nun wirklich in sich.
MB: Es war geradezu entsetzlich harmonisch. Kein Wunder! Wenn man Sebastians Bücher kennt, hat er ja privat vieles gutzumachen.

Herr Fitzek, kokettieren Sie vielleicht ein bisschen, wenn Sie im Vorwort einräumen, dass Ihr Humor nicht gerade legendär ist?
SF: Das habe ich geschrieben? Nee. Obwohl das stimmt, denn wie arrogant müsste ich sein, wenn ich meinen Humor für „legendär“ hielte? Nein, was ich sagen wollte war, dass nicht Jedermann oder Jedefrau meinen Humor teilt. Sie müssten mal sehen, wie oft meine Verlobte Linda mit den Augen rollt, wenn ich zu den unpassendsten Momenten versuche, witzig zu sein. Was mich aber nicht davon abhält, die Uhrzeitanzeige in unserem Auto zu manipulieren, während sie auf dem Weg zu einer für sie extrem wichtigen Verabredung kurz auf dem Beifahrersitz eindöst. Nur, damit sie nach einem 15-Minuten-Nickerchen denkt, ich hätte sie über vier Stunden den Termin verpennen lassen!

Herr Beisenherz, im Vorwort kamen Sie überhaupt nicht zum Zug, weil Herr Fitzek zu viel Platz und Zeit brauchte. Welches Statement würden Sie gern nachreichen?
MB: Ich sitz das aus. Und werde mich beim nächsten gemeinsamen Buch mit einem urfaustlangen Vorwort rächen.

„Ich kann am besten über mich selbst lachen.

Wie viel Selbstironie ist im Spiel? Wann können Sie über sich selbst lachen? Wann beim besten Willen nicht?
SF: Ich kann am besten und immer über mich selbst lachen. Außer, wenn ich bewusstlos bin.
MB: Dann könnte ja immer noch ich daneben stehen und ihm das abnehmen.

Was, wenn ein Hall-of-Fame-Rezensent Ihr Buch verreißt? Schaffen Sie es, gelassen zu bleiben? Oder toben Sie wie Engin am Beginn Ihres Romans?
SF: Ich habe aufgehört, sowas zu lesen, als ich einmal merkte, dass ein- und derselbe Hall-of-Fame-Rezensent seine Besprechung von ein- und demselben Buch innerhalb von nur einer Woche von 5 auf 1 Stern korrigierte. Weil er gemerkt hat, dass er für negative Rezensionen mehr „Hilfreich“-Klicks bekommt.

„Schreib oder stirb“ wirkt wie ein großer Psychotest. Was wollten Sie herausfinden und wer sind Ihre wichtigsten Versuchskaninchen?
SF: Die Frage ist doch eher: Was haben Sie beim Lesen über sich selbst herausgefunden?

„ … nicht irgendwo auch eine göttliche Komödie?“

Offenbar haben Sie auch mit dem griechischen Drama geflirtet. Was wollten Sie in puncto Tragödie und Fallhöhe ausprobieren?
SF: Echt, haben wir? Schau mal an, Micky, wir können auch Feuilleton! Antworte du mal bitte was Kluges.
MB: Also, wenn wir schon bei großen Meistern sind: Ich sehe unsere Protagonisten zwischenzeitlich eher in den siebten Kreis der Hölle eintauchen. Ist unser Buch nicht irgendwo auch eine göttliche Komödie?

Im Visier haben Sie auch Schein und Sein, Selbstinszenierung und Statussymbole. Was wollten Sie da demonstrieren oder demontieren?
SF: Nichts. Ich will einfach nur ein gutes Buch schreiben, das die Leserinnen und Leser unterhält. Ich warne auch davor, mich mit den handelnden Figuren gleichzusetzen. Ich habe im Grund kaum Einfluss darauf, was die tun und denken, die verselbstständigen sich beim Schreiben. Auch wenn ich, zugegeben, gerne mal so durchsetzungsstark wie Engin wäre.

Ihr Protagonist David Dolla ist Literaturagent. Was macht diesen Beruf so ideal für Ihr fieses literarisches Vorhaben mit ihm?
SF: Paradoxerweise ist der Literaturagent eine in der literarischen Welt viel zu stiefmütterlich behandelte Person. Ich finde es faszinierend, dass wir durch Dolla quasi den Entstehungsprozess des Buches, das wir gerade in den Händen halten, beim Lesen miterleben.

„ Ich lerne meine Figuren beim Schreiben kennen.“

David Dolla charakterisieren Sie nicht zuletzt durch seine Sprache, eine Art persönlichen Jargon. Was war Ihnen dabei wichtig und was hat Ihnen am meisten Vergnügen bereitet?
SF: Ich gestehe, dass ich mir im Vorfeld keine Gedanken etwa über den Sprachduktus mache. Ich lerne meine Figuren beim Schreiben kennen, und sie reden nicht so wie wir, sondern wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Allerdings haben sie manchmal sehr viel mehr Zeit zum Antworten als ich, der ich ja keine Nacht über eine Replik schlafen kann, wenn mir jemand blöd kommt. Somit ist Dolla meistens wesentlich schlagfertiger als ich.

David steht den von ihm betreuten Autoren in allen möglichen Lebenslagen zur Seite und versucht auch, sie vor Dummheiten zu bewahren. Wofür sind Sie selbst Ihren Agenten am dankbarsten?
SF: Ich bin bei Eigen-Verhandlungen eine absolute Nullnummer und unterschreibe meist alles, was man mir vorlegt. Insofern hat Roman Hocke mich garantiert schon vorm Knast bewahrt.
MB: Geht mir ähnlich. Ich wäre längst auf Boris-Becker-Niveau. Nur ohne die Grand Slam-Titel!

Was disponiert David Dolla, in die Falle zu tappen?
SF: Das, was auch mich anfällig für riskante Fehlentscheidungen macht: seine Naivität und Neugier.

Was machte für Sie als Autoren David Dollas Gegenspieler Carl Vorlau spannend?
SF: Ich mag es, wenn ich den Gegenspieler einerseits auf den Tod nicht ausstehen kann, ihn andererseits aber so interessant finde, dass ich den Wahnsinnigen trotzdem näher kennenlernen will. Ich hoffe, dass ist uns mit Carl gelungen.
MB: Mir ging es exakt so, als ich Sebastian kennengelernt habe! Bitte schreiben Sie unbedingt: „Beisenherz lacht“ dahinter. Nein, halt! Schreiben Sie bitte: „Beide lachen“!

Ihr Buch könnte man als Realsatire oder Schlüsselroman über die Buchbranche und den Literaturbetrieb bezeichnen. Ein Holzweg? Was hatten Sie im Sinn?
SF: Ich hatte nur im Sinn, die Leserinnen und Leser gut zu unterhalten. Sie sollten auf der einen Seite vor Spannung den Atem anhalten und auf der anderen lachend nach Luft japsen. Wobei das zu extrem ungesunden Hyperventilationszuständen führt, wenn ich mir das jetzt mal bildlich vorstelle.
MB: Ich glaube ja, dieses Buch ist ein einziger langer Liebesbrief an unseren Agenten Roman Hocke.

Nicht zuletzt ist Ihr Roman eine Liebeserklärung an Buchhandlungen und Buchhändlerinnen. Wie ist Ihre Idealvorstellung?
SF: Eine Welt, in der es mehr lokale Buchhandlungen als Imbissbuden gibt.

„Ich habe Berlin jetzt 50 Jahre kennenlernen dürfen.“

Berlin ist schon eine gefühlte Ewigkeit ein literarischer Hotspot. Was hat Sie dennoch gereizt, die Stadt zum Schauplatz zu machen?
SF: Ein guter Freund, nämlich mein Literaturagent Roman Hocke, hat mir mal den Rat gegeben, dass man seine Handlung dort spielen lassen sollte, wo man sich am besten auskennt. Ich habe Berlin jetzt 50 Jahre kennenlernen dürfen und verlaufe mich hier immer seltener.

Ist ihr Gemeinschaftsprojekt ein einmaliges Experiment gewesen? Oder haben Sie schon einen der 3-Bücher-Verträge in der Tasche, wie sie David Dolla so gern aushandelt?
SF: Wir haben keinen Vertrag, oder, Micky? Hier hat Roman offenbar doch nicht so gut verhandelt. Aber wir haben auch noch keine neue Idee. Und ich schreibe niemals eine Fortsetzung nur, weil es sich anbietet. Ich setze mich erst an den Schreibtisch, wenn ich mir einbilde, dass die neue Geschichte besser wird als die vorherige.
MB: Wir sind ja eher so die klassischen Typen. Uns ist Zuneigung wichtiger als ein paar unterschriebene Blätter. Wenn Sebastian anruft, bin ich da. Womöglich steh ich schon vorher mit Blumen vor der Tür.