BLAUE STUNDE im „Imperial“, dem neue Restaurant von Alexander Herrmann. Der sympathisch-bodenständige Sternekoch mit Fernsehkarriere hat alles im Blick: durch raumhohe Bogenfenster die Nürnberger Altstadt im Laternenschein, direkt vor sich den supermodernen Küchenblock, an dem sein Team routiniert werkelt. Tradition und Innovation in schönster Harmonie, das ist ganz sein Ding – beim Ambiente und bei seinen kulinarischen Kreationen. Nach getaner Arbeit mag er es gern unkompliziert. So verspricht auch sein neues Kochbuch „Schnell mal was Gutes“.
Ihre Oma Herta hat zur Feier ihres 80. Geburtstags den ersten Fallschirmsprung gewagt. Hat sie Ihnen diese Mut-Gene vererbt?
In meiner knappen Freizeit steht mir der Sinn eher nach Ruhe und einem guten Glas Wein. Deshalb bin ich dem Vorbild meiner Oma noch nicht gefolgt, was Fallschirm-Abenteuer anbelangt. Aber wer weiß, vielleicht kommt das noch …
Deutlich stärker war der Einfluss von Oma & Co. in gastronomischer Hinsicht. Im oberfränkischen Wirsberg führen Sie das 1869 von Ihrer Familie eröffnete Posthotel nun in fünfter Generation. Wie hat die Familientradition Sie geprägt?
In ein solches Umfeld wächst man ganz selbstverständlich hinein. Ich habe von klein auf alle möglichen Aufgaben übernommen, im Hotel und in der Restaurantküche. Da gab es immer etwas zu tun und immer jemand, der einem etwas beigebracht hat. Beispielsweise unsere Kaltmamsell Gertrud. Sie war schon über 80, ich ein kleiner Junge und das gemeinsame Kuchenbacken ein großes Vergnügen.
Im Posthotel betreiben Sie u.a. eine Kochschule. Welchen Stellenwert haben die Kurse für Sie als Autor von Kochbüchern?
Besonders wichtig ist mir der direkte Austausch mit den Kursteilnehmern. Beim gemeinsamen Kochen bekomme ich hautnah mit, was sie erreichen wollen und was sie von mir erwarten. Und wo ich ansetzen muss, um mit dem Handwerk vertraut zu machen. Das sind für mich wertvolle Anhaltspunkte, die in meine Live-Shows und Kochbücher einfließen.
Nach welchen Lektionen besteht der größte Bedarf?
Die Fragen sind so verschieden wie die Hobbyköche. Aber ein typischer Schwachpunkt ist Kurzgebratenes. Der häufigste Fehler: Da wird nicht gebraten, sondern fast frittiert. Viel zu viel Fett und das auch noch viel zu heiß – der Ruin für das beste Fleisch. In meinen Shows und Büchern zeige ich genau, wie es gelingt.
„Wenig Aufwand, viel Geschmack“
Und da gibt es jetzt „Schnell mal was Gutes“. Wie hält Ihr neues Kochbuch, was der Titel verspricht?
Es erleichtert den Alltag und ist einfach ideal für den Feierabend. Das Prinzip: wenig Aufwand, viel Geschmack. Eines meiner fünf großen Themen ist „Schmeckt wie bei Oma“. Ich verrate, wie die Lieblingsgerichte dank einer kleinen Abkürzung schneller auf den Teller kommen und zugleich ihr besonderes Aroma erhalten. Meine „Entspannungsküche“ hilft, nach einem langen Arbeitstag zur Ruhe zu kommen und den Kopf frei zu kriegen. Zwiebeln schälen und schnippeln ist für mich manchmal wie Meditation.
Bei Ihnen kommen auch Fast-Food-Klassiker wie Fish & Chips oder Currywurst zu Ehren. Was macht sie zum kulinarischen Muss?
Currywurst hat den absoluten Boah-Effekt. Sie spricht sofort Herz und Seele an. Deshalb darf sie im Kapitel „Seelenfutter“ auf keinen Fall fehlen. Zu meiner „de luxe“-Version gibt es selbstgemachte Kartoffelchips – einschließlich Hinweis, wie sie besonders knusprig gelingen.
Es gibt Stressphasen, in denen man weder Zeit noch Muße hat, über den Markt zu schlendern und sich vom erntefrischen Angebot inspirieren zu lassen. Welchen Grundvorrat sollte man immer zu Hause haben?
Auf jeden Fall Reis und Nudeln. Am besten auch Eier und ein wenig Speck. Und natürlich Salz und Pfeffer. Ein wenig Sahne ist auch nicht schlecht. Schon könnte man sich beispielsweise Schinkennudeln zubereiten.
Und welches Extra empfehlen Sie, um Gerichten im Handumdrehen einen interessanten Geschmack zu verleihen?
Unbedingt Sojasoße, aber möglichst keine Industrieware, sondern richtig gute Qualität. Da schmeckt man dann die Sojasoße gar nicht heraus, sondern sie unterstreicht den Eigengeschmack der anderen Zutaten. Das Geheimnis ist Umami – Schmackhaftigkeit auf Japanisch.
Sie machen ja immer wieder Mut zur Improvisation. Was lässt sich leicht austauschen?
Eines meiner Lieblingsbeispiele ist Parmesan. Wenn keiner im Haus ist, kann man ihn locker durch angeröstete Brotkrümel ersetzen.
Bei einem Sternekoch wie Ihnen staunt man auf den ersten Blick, dass in den Zutatenlisten auch vorgefertigte Produkte auftauchen. Was spricht dafür?
Nach einem 10-Stunden-Tag in der Arbeit schrubbt einfach niemand mehr gern Rote Bete. Da dürfen es gern auch mal vorgegarte Produkte sein. Oder eben ein Pizzateig aus dem Kühlregal. Auch hier kommt es auf die Qualität an. Wenn die stimmt, ist das völlig okay – genau wie man an bestimmten Tagen einfach keine Lust mehr auf einen Anzug hat, sondern in Jeans, T-Shirt und Sakko ausgeht. So etwas auch mal lässig zu nehmen, ist völlig okay.
Welche Voraussetzungen muss man mitbringen, um an Ihrem neuen Buch Freude zu haben?
Man sollte Basics beherrschen. Also auf dem Niveau, dass man ein Rührei zubereiten kann. Und Nudeln al dente kochen. Und es wäre nicht schlecht, wenn man schon mal ein Stück Fleisch in die Pfanne gelegt hat.
Wieviel Zeit sollte man bei durchschnittlicher Kocherfahrung einkalkulieren?
20 bis 30 Minuten.
Ihr Heimatort Wirsberg liegt ganz in der Nähe der Wagner-Stadt Bayreuth und die Festspielgäste kommen gern in Ihr Posthotel. Was servieren Sie zum Ausklang eines Opernabends?
Die Festspiele finden im Sommer statt – bei ziemlich sommerlichen Temperaturen auch im Richard-Wagner-Festspielhaus. Also sorge ich für Erfrischung, indem ich unter freiem Himmel serviere, am besten erst einmal ein kühles Bier. Und am liebsten etwas, das nicht mit dem überwältigenden Kulturgenuss konkurriert, sondern eher erdet. Vielleicht Brot mit Butter, beides in hervorragender Qualität. Und frischen Schnittlauch drauf. Einfach perfekt – wie eine einheimische Version der italienischen Bruscette.
2018 heißt Feierabend für viele Fußball-WM. Was tischen Sie beim Mitfiebern Ihren Freunden auf?
Bei solchen Anlässen bin ich ganz der klassische Griller. Auch da mag ich es unkompliziert, also statt Holzkohle lieber Gas. Beim Grillgut bin ich sehr puristisch. Hamburger gehören zu meinen Favoriten. Und ein schönes großes Stück Roastbeef, von dem jeder eine leckere Scheibe bekommt.
Hand aufs Herz: Kommen Sie nicht doch manchmal in die Versuchung, den Pizza-Lieferdienst anzurufen?
Ja, klar. Ich habe daheim in Wirsberg meinen Italiener, der genau weiß, wie ich mir die perfekte Pizza vorstelle. Um sie zu bekommen, genügt ein Anruf und das Stichwort „Herrmanns Blechpizza“. Die liebe ich.