Seit 1893 führt die Familie Hugendubel, mittlerweile in der fünften Generation, die Buchhandlung Hugendubel. Anlässlich des Jubiläums geben uns Nina und Maximilian Hugendubel persönliche Einblicke ins Familienunternehmen und die Welt der Bücher, die sich seit der Gründung stetig weiterentwickelt hat.​

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Die Geschichte der Buchhandlung beginnt 1893, als der Verleger Heinrich Karl Gustav Hugendubel dem Bischof nicht genehme Schriften verlegt und ins Gefängnis in Eichstätt kommt. Nach seiner Haft zieht er ins liberalere München und heiratet in eine Buchhandlung ein, die er schließlich übernimmt.

„Das war fast wie in der Apotheke damals. Man kam rein, musste wissen, was man wollte. Dann wurde es aus der Vitrine geholt.“

Nina Hugendubel

In der ersten Buchhandlung am Salvatorplatz in München durfte man – wie damals üblich – Bücher nicht selbst aus den Regalen nehmen, sondern musste sich beraten lassen, ähnlich wie es in Apotheken noch heute der Fall ist. Ab 1916 führte sein Sohn, ab 1934 dessen Sohn Paul mit seiner Frau Anneliese die Geschäfte. Der Vater von Nina und Maximilian Hugendubel, Heinrich, baute das kleine Münchner Unternehmen ab 1964 stetig aus. Mit der Eröffnung der Filiale am Marienplatz 1979 verwirklichte er seine Vision eines Buchkaufhauses, das auf mehreren Etagen und erstmalig mit Rolltreppen Bücher in großen Mengen anbot. „Der Marienplatz war mit eine der ersten Buchhandlungen, wo man einfach frei an die Regale ran durfte, auf den Leseinseln einfach lesen, schlafen oder sich aufhalten und danach das Buch wieder zurückstellen oder kaufen konnte“, erklärt Nina Hugendubel. „Was heute selbstverständlich ist, war damals noch ganz neu und etwas ganz Besonderes.“

„Was ihn ausgezeichnet hat, ist, dass er immer Ideen hatte, wie er die Firma weiterbringen will. Die Demokratisierung des Buches hat er es genannt.“

Nina Hugendubel

„Es war eine seiner großen Stärken, viele Ideen zu haben, aber auch den Ideen Zeit zu geben, sich zu entwickeln“, beschreibt Maximilian Hugendubel den Vater. „Der Kern des Zusammenlebens war aber nicht die Buchhandlung, er war ein ganz normaler Familienvater.“ Als Kinder sind die beiden mit ihm oft zum Skifahren oder in die Berge gefahren, nur manchmal hat er sie am Wochenende mit ins Büro genommen. „Ich weiß es noch genau, da war schwarzer Teppich, schwarzer Schreibtisch mit Edelstahlrohren, schwarze Schränke, alles schwarz …“, erzählt Nina Hugendubel.

„… es hieß intern auch das schwarze Büro.“

Maximilian Hugendubel

Ob sie denn überdurchschnittlich viel von Büchern umgeben waren, möchten wir von den beiden wissen. „Ich habe als Kind tatsächlich diese ganzen Reihen wie ‚Hanni und Nanni‘ und ‚Tina und Tini‘ rauf und runter gelesen“, sagt Nina Hugendubel. „In meinem Freundeskreis waren Bücher aber überall genauso präsent wie bei uns. Es war völlig selbstverständlich, dass man Bücher zu Hause hat.“ Auch Maximilian las bereits als Kind gerne und erzählt uns von einem Urlaub aus der Kindheit, als ihm der Lesestoff ausging. „Der Vater hatte das Leseexemplar von ‚Miyamoto Musashi‘ aus dem Trümmer Verlag dabei. Da hat er ein Taschenmesser genommen und das Exemplar in der Mitte durchgeschnitten. Er hat den zweiten Teil fertig gelesen und ich habe den ersten Teil bekommen.“

„Darf man eigentlich gar nicht laut sagen als Buchhändler, dass man Bücher zerschneidet.“

Maximilian Hugendubel

Anfang der 2000er Jahre stiegen Nina und Maximilian Hugendubel ins Unternehmen ein. Anfangs waren beide unsicher, ob es die richtige Entscheidung für sie war. „Ich hatte mir gedacht, wenn ich das nicht probiere, werfe ich es mir irgendwann vor und bereue es“, erinnert sich Nina Hugendubel. „Ich hatte immer eine Hintertür offen, aber ich bin immer noch da und würde sie auch nicht mehr finden.“ Als das digitale Lesen mit eBooks als Trend aufkam, bewiesen die beiden das richtige Gespür. 2013 gründeten sie gemeinsam mit weiteren deutschen Buchhandlungen und der Telekom die Marke tolino. „Das war ein Zusammenkommen von vielen, ehrlicherweise glücklichen Umständen. Die Buchbranche ist ja eine kleine Branche, wir kannten uns untereinander, es gab so ein gewisses Grundvertrauen“, berichtet Maximilian Hugendubel. „Durch viel Arbeit und Willen konnten wir aus dem Vorhandenen etwas aufbauen, was heute nicht mehr gelingen würde.“

„Am Ende hat der gemeinsame Ansatz geholfen, dass wir gemeinsam gegen Amazon bestehen wollten.“

Maximilian Hugendubel

Über die Jahre wuchs der Onlinehandel stetig, das eBook wurde immer stärker und immer weniger junge LeserInnen griffen zum Buch. Als 2019 die Filiale am Münchner Stachus grundlegend renoviert werden musste, wagten die beiden eine radikale Veränderung. „Über eineinhalb Jahre haben wir uns damit beschäftigt, was man anders machen muss und wo es hingeht im Buchhandel. Die Filiale wurde übersichtlicher, wir haben nichts mehr beschriftet, dachten, die Bücher sprechen für sich, also wild ausprobiert und ein Konzept mit Erlebnis und Event umgesetzt. Dabei haben wir einige der StammkundInnen auch überfordert“, resümiert Nina Hugendubel.

„Wir haben ja schon viele Projekte gemacht – wenige, wo so viel schief gegangen ist.“

Maximilian Hugendubel

Nach einigen Anpassungen haben insbesondere viele junge Leute den „Buchshop der Zukunft“ für sich entdeckt. „Ich glaube, kein Projekt hat uns so weit gebracht wie der Stachus. Fehler kann man machen, aber man muss versuchen, daraus zu lernen“, beschreibt Maxmilian Hugendubel offen. „Dass die Jugend nicht mehr liest, können wir nicht mehr bestätigen“, ergänzt Nina Hugendubel. Seither entwickelt Hugendubel immer weiter neue Formate für einen modernen Buchhandel, erklärt Maximilian Hugendubel: „Nach Vorbild einer amerikanischen Late-Night Show haben wir das Buchfestival BOOKSTOCK konzipiert.“ Ein Format mit Unterhaltung und Entertainment zum Thema Bücher, aufgezeichnet in einem Filmstudio und über YouTube live übertragen. Auch auf TikTok hat der Hugendubel Account bereits mehrere Millionen Likes.

„Der Stream auf YouTube hatte innerhalb von vier Wochen 90.000 Aufrufe, das ist eine ganz andere Dimension.“

Nina Hugendubel

In die Zukunft blickt Nina Hugendubel gelassen: „Es macht Spaß, immer wieder Impulse und neue Ideen zu bekommen, daran mangelt es uns nicht. Die Frage ist eher, was macht man zuerst.“ Die nächsten Jahre bleiben also spannend.