Wie kommt man zu der Ehre, als Jurymitglied mitzuwirken?
Es gibt vom Börsenverein eine Akademie Deutscher Buchpreis, die für die Findung der Jury-Mitglieder zuständig ist. Und in diesem Jahr bin ich tatsächlich von der Akademie gefragt und gewählt worden.
Was war Ihre erste Reaktion?
Reine Freude! So eine Anfrage bekommt man nicht alle Tage – und ehrlich gesagt gibt es nicht sonderlich viele Jurys, in denen Buchhändler sitzen – so ist es für mich etwas ganz Besonderes.
Im Frühjahr konnten die Verlage sich mit deutschsprachigen Romanen bewerben. Mehr als 100 Verlage haben insgesamt 173 Romane eingereicht. Zudem hatte die Jury das Recht, zusätzliche Titel in die Longlist mit aufzunehmen. Wie haben Sie und Ihre KollegInnen das bewältigt?
Jedes Buch wird von einem Mitglied der Jury gelesen. Man gibt dann eine Einschätzung zu dem Titel, die an die anderen Mitglieder rausgeht, die dann schauen, wie sie dieses Urteil bewerten. Manchmal möchte man sich eine eigene Meinung bilden, manchmal klingt eine Ablehnung völlig plausibel, manchmal sagt der Prüfer, dass jemand anderes noch einmal prüfen soll.
„Bücher in einer Ecke … gestapelt “
Dazu mussten Sie sicherlich Ihre Wohnung umbauen: Reicht ein Billy-Regal, um diese Menge aufzureihen?
(lacht) Wir bekamen die Bücher sowohl in Print als auch elektronisch für den tolino. Auch wenn ich normalerweise Papier bevorzuge, habe ich für den Preis hauptsächlich elektronisch gelesen. Das war für diese Belange flexibler und effektiver. So sind die Bücher in einer Ecke in der Wohnung gestapelt und wurden dann für eine erste Vorsortierung für die Longlist hervorgeholt. Mir war es lieber, den Aussortierungsprozess physisch vornehmen.
Das Team 2019 besteht wie gewohnt aus 7 Juroren. Pflegen Sie Kontakt?
Oh ja! Der Austausch fand über Mail statt. Immer wieder trudelten Bewertungen ein und man schickte welche raus. Wir tauschten uns über die Entwicklung und Strukturierung im Leseprozess aus, oder auch über die Veränderung im Bewertungsprozess. Den Rahmen für all das bot das tolle Organisationsteam vom Börsenverein. Es wertete alle unsere Mails aus und baute sie in große Dateien ein, die wir regelmäßig zur Verfügung gestellt bekamen. Überhaupt steckte ganz viel organisatorische Arbeit bei dem Team, das Manuskripte organisierte, Pakete verschickte und alle möglichen anderen (auch psychologischen) Hilfen leistete.
Die Jury-Mitglieder hatten zumindest eine gemeinsame Sitzung?
Insgesamt werden wir vier Sitzungen haben – alle in Frankfurt. Die erste Sitzung war zum Kennenlernen und Klären von organisatorischen Dingen, die zweite für die Longlist, die dritte für die Shortlist und die vierte für den Preisträger.
Alle Jury-Mitglieder sind hauptberuflich eingespannt. Woher nehmen Sie die Zeit, was motiviert Sie?
Erst einmal ist es ein Riesenspaß, einen Preisträger zu finden. Ich lese einfach gerne und ich mache mir auch gerne Gedanken zu dem, was ich gelesen habe – da ist es natürlich eine tolle Herausforderung, es in diesem großen Kontext zu machen. Was die Zeit anbelangt, so ist das für mich eine Frage der Organisation. Von daher verlangt der Preis schlicht und einfach eine besondere Form der Disziplin und Organisation.
Haben Sie sich mit dieser ehrenhaften Aufgabe eine andere Methode oder Technik des Lesens angewöhnt?
Eine andere Technik habe ich mir nicht angewöhnt. Ich habe aber durch die Bewertungen der anderen Juroren und den Auseinandersetzungen mit ihren Überlegungen sehr viel über das Lesen gelernt und habe jetzt schon den Eindruck, ein besserer Leser geworden zu sein.
Auf welche privaten Vergnügungen haben Sie in diesem Sommer zugunsten der Jury-Tätigkeit verzichtet?
Ich habe weniger Klavier gespielt, aber ansonsten habe ich mehr oder minder alles so weiter gemacht, wie sonst.
Erfahren Sie in unserer Rubrik „Hautnah“ mehr über unseren büchermenschen Björn Lauer.