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KLUFTINGER IST KULT und sein Allgäuer Revier Pilgerziel seiner riesigen Fangemeinde! Der grantelnde Ermittler wurde mehrfach als beliebtester Kommissar der deutschen Krimi-Landschaft mit Publikumspreisen geehrt und genießt auch im Feuilleton höchstes Ansehen: Schließlich hat er „durchaus das Zeug zum Columbo aus Altusried“ (Die Welt). Die 2003 begonnene Erfolgsserie setzt das Autorenduo Volker Klüpfel (VK, links auf dem Foto) und Michael Kobr (MK, rechts) nun mit dem elften Band fort: Klufti hat zwar keine Leichen im Keller, aber einen Unschuldigen auf dem Gewissen – und Kässpatzen-Entzug!
Ob Literaturpapst oder Leser: Ihr Kluftinger kommt bestens an – obwohl er eigentlich gar nichts so Spektakuläres an sich hat. Was ist Ihrer Einschätzung nach sein Erfolgsgeheimnis?
VK: Sie haben es schon gesagt: Weil er so normal ist, nicht alkoholkrank, nicht in Scheidung lebt und noch alle Körperteile hat.
„Kluftinger: grundehrlich, brummig, zurückhaltend.“
Was sind seine wichtigsten Eigenschaften und Eigenheiten?
VK: grundehrlich, verlässlich, geradeheraus.
MK: brummig, empathisch, zurückhaltend.
Damit es für die Leser und Sie selbst spannend bleibt, müssen Sie Kluftinger immer wieder aus seiner Komfortzone schubsen. Welche Strategie haben Sie für seine Persönlichkeitsentwicklung?
MK: Uns ist es wichtig, dass sich unsere Hauptfigur auch entwickelt. Nur dann bleibt eine so lange Serie auch interessant. Und so muss Klufti sich immer neuen gesellschaftlichen Herausforderungen oder auch Trends stellen. Auf seine Art.
Wenn Sie auf Ihre inzwischen elf Bände blicken: Auf welche Ihrer Ideen, Kluftinger vor Herausforderungen zu stellen, sind Sie heute noch am meisten stolz?
VK: Stolz ist das falsche Wort. Froh sind wir über die japanische Verwandtschaft, weil dieser Culture-Clash so viel komödiantisches Potenzial birgt.
Der 10. Band war für Sie nicht einfach ein rundes Jubiläum, sondern eine Frage von Leben und Tod für Kluftinger. Haben Sie tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, ihn ins Jenseits zu befördern?
VK: Ja, aber Gott sei Dank war sein Lebenswille stärker.
Was sind für Sie die besten Gründe, ihn am Leben zu lassen und auch weiterhin über ihn zu schreiben?
VK: Ich bin selbst neugierig, wie er sich entwickelt, welche spannenden Fälle das Allgäu noch für ihn und für uns bereithält.
MK: Kluftinger ist durch seine Entwicklungsfähigkeit noch lange nicht „auserzählt“. Gerade was seinen Blick auf die Gesellschaft, sein Rollenbild angeht, hat er noch viel zu lernen.
„Das Fallen aus der Komfortzone ist manchmal eine Chance!“
Der druckfrische elfte Band beginnt für Kluftinger wie eine Schocktherapie. Eigentlich bringen Sie seine komplette Welt ins Wanken. Warum?
MK: Weil es ihm auch nicht besser ergehen soll als uns allen: Die Welt verändert sich, warum also nicht auch für ihn … Ein Fallen aus der Komfortzone ist manchmal auch eine Chance für einen Neuanfang.
Die Anfangsszene kommt einem vor wie ein Spuk. Was hat Sie dazu inspiriert?
VK: Ich habe einen Podcast gehört, wo eine solche Führung zu einem echten Mordschauplatz geschildert wurde. Da dachte ich sofort: Was wäre, wenn …
Für die wohl größte Überraschung sorgt am Anfang Kluftinger senior. Vater-Sohn-Beziehungen und Spannungen scheinen Sie im neuen Buch stark zu interessieren. Warum?
VK: Die Vater-Sohn-Konflikte spiegeln bei mir eher das Verhältnis zu meinem Vater wider.
MK: Es geht insgesamt viel um Beziehungen in „Funkenmord“. Auch zwischen Mann und Frau. Er muss eine neue Rolle finden. Und da spielt sich bei Kluftinger diesmal fast ein eigener Krimi ab.
Bei den Kluftingers hat die Polizei-Laufbahn Tradition – nun bald in der dritten Generation. Was vereint und trennt die drei von der Berufsauffassung her?
MK: Während der Vater noch der „klassische“ kleine Beamte war, der möglichst wenig auffallen und keinen Ärger wollte, war Kluftinger selbst neben dem ihn tragenden Wunsch, für Gerechtigkeit zu sorgen, auch an seiner Karriere gelegen. Er wollte mehr, vielleicht auch ein wenig mehr Status. Seinem Sohn Markus dagegen sind solche Fragen egal. Beamter oder nicht, er brennt einfach für die Kriminalistik und vor allem die Psychologie, die dahintersteckt.
„… wir sind es gewohnt, mit starken Frauen zusammenzuarbeiten.“
Täuschen wir uns oder sind bei Ihrer polizeilichen Personalpolitik gerade die Frauen auf dem Vormarsch?
VK: Wir schildern hier eine gesellschaftliche Realität, die wir rückhaltlos unterstützen. Wir sind es gewohnt, mit starken Frauen zusammenzuarbeiten (im Verlagswesen) und sind auch mit solchen verheiratet.
MK: Unser Wunsch war es vor allem, aus diesem eindeutig dem klassischen Rollenbild verhafteten Endfünfziger einen etwas moderneren Mann zu machen. Es gibt für uns nicht den geringsten Grund, dass Frauen nicht dieselben Positionen übernehmen sollten wie Männer – so sind wir auch aufgewachsen und sozialisiert.
Schicksalhafte Bedeutung hat dieses Mal besonders Altusried, wo Kluftinger zuhause und Volker Klüpfel aufgewachsen ist. Was genau brauchen Sie zum Schreiben über Orte?
VK: In diesem Fall nur die Erinnerung und die Kenntnis des Allgäus nicht als Urlaubsregion, sondern als alltäglicher Lebensraum.
MK: Es reicht einfach nicht, Namedropping zu betreiben und einfach bekannte oder auch touristisch interessante Orte aneinanderzureihen. Im Idealfall geht es darum, die Atmosphäre, die an den Schauplätzen herrscht, einzufangen und zu transportieren. Das können auch ganz unspektakuläre Plätzchen sein.
„Klufti ist ein Fehler unterlaufen, der ihm auf’s Gewissen drückt.“
Sie konfrontieren Kluftinger mit seinen Anfängen – ohne Entrinnen. Warum verfolgt ihn der Fall aus dem Jahr 1985 so furchtbar?
MK: Er stand damals am Anfang seiner Karriere, an der Schwelle vom einfachen Dorfpolizisten zum Kriminaler. Er wollte zu viel, hat sich überschätzt – und daher ist ihm ein Fehler unterlaufen, der ihm auf´s Gewissen drückt. Diese Scharte gilt es nun auszuwetzen.
Der makabre Mord von 1985 ereignete sich am „Funkensonntag“. Was ist das Besondere an diesem Ereignis?
VK: Naja, da wird der Winter ausgetrieben, aber auf recht martialische Art und Weise durch das Verbrennen einer Hexenfigur auf einem Scheiterhaufen.
Den Charme Ihrer Kriminalromane macht natürlich nicht zuletzt das Lokalkolorit aus. Worauf legen Sie Wert bei der Auswahl und Dosierung?
VK: Ich liebe das Allgäu, aber nicht auf eine krachlederntümelnde Art. Es gibt hier zum Beispiel auch eine spannende Gründerszene.
MK: Bei der Dosierung ist mir wichtig, dass Lokalkolorit motiviert ist. Es muss mit dem Fall zu tun haben, mit Kluftingers Situation, mit der Jahreszeit, in der das Buch spielt. Das bloße Nennen von Spezialitäten, Traditionen oder lokalen Ereignissen ist unnötig und kann sogar furchtbar nervig sein.
„… ich habe inzwischen Frieden mit unserem Dialekt gemacht.“
Wo bzw. in welchen Situationen verspüren Sie am intensivsten Heimatgefühl?
VK: Klingt banal, ist aber nicht so gemeint: daheim. Also nicht nur da, wo ich herkomme, sondern da, wo meine Familie ist. Geändert hat sich nur, dass ich inzwischen meinen Frieden mit unserem Dialekt gemacht habe.
MK: Für mich hingegen hat Heimat ganz eindeutig auch mit Geographie zu tun. Auch wenn ich mit meiner gesamten Familie in Berlin leben würde, wäre das letztlich nie wirklich „daheim“. Das hat für mich mit erlebten Splittern aus der Kindheit zu tun, der Farbe des Himmels vor dem Gewitter über den Bergen, dem Geruch des ersten Schnees, einer frisch gemähten Wiese, dem Bimmeln von Kuhglocken und der Art und Weise, wie die Leute hier reden und ihrem Blick auf das Leben.
Für Kluftinger schmeckt Heimat nach Kässpatzn. Können Sie selbst welche zubereiten?
VK: Ganz hervorragende sogar. Und wenn man gute kaufen will, empfehle ich den Kemptener Wochenmarkt.
MK: Man darf weder an der Qualität beim Käse sparen, noch an der Menge der Zwiebeln …
Der arme Kluftinger muss nun nicht nur auf die Kässpatzn seiner Ehefrau verzichten, sondern auch im Haushalt einspringen. Können Sie da aus Erfahrungen schöpfen?
VK: Ich bügle nicht. Noch nie. Werde ich nie. Meine Frau auch nicht. Uns rettet im Notfall die aufblasbare Bügelpuppe.
MK: Ich liebe es, für unser Essen zu sorgen: Einkaufen, Kochen, Auswahl der Gerichte, der Utensilien. Und zwar nicht nur am Sonntag, sondern jeden Tag, alle drei Mahlzeiten. Ich habe das zu Hause komplett an mich gerissen, oft wohl auch zum Leidwesen meiner Frau. Nur backen hasse ich wie der Teufel das Weihwasser.
Seit dem 2003 erschienenen Kluftinger-Debüt „Milchgeld“ schreiben Sie als Autorenduo miteinander. Sind Sie sich eigentlich im Wesentlichen immer einig bei schicksalhaften Entscheidungen über Kluftinger & Co.? Oder geben Sie abwechselnd nach?
VK: Alles und alles zugleich. Es ist ein Mix aus Nachgeben, Kämpfen, Einsehen, Besserwissen. Reibung ist aber per se nicht schlecht, das setzt Energie frei.
MK: Hat sicher auch mit einem gesunden Pragmatismus zu tun, den viele vielleicht als Altersmilde bezeichnen würden.
„… und manchmal auch scheitern.“
Was hat Ihnen beim Schreiben von „Funkenmord“ am meisten Freude bzw. Kopfzerbrechen gemacht?
VK: Gefreut habe ich mich auf die alten Bekannten, Kopfzerbrechen hat die Erfindung eines neuen Teammitgliedes gemacht.
MK: Es war wunderbar, Kluftinger mit neuen gesellschaftlichen Realitäten zu konfrontieren, ihn daran wachsen zu lassen – und manchmal auch scheitern. Doch der Fall diesmal braucht ein wenig Vorwissen, das es geschickt zu verpacken galt, ohne in den Ton von „was bisher geschah“ zu verfallen.
Sie kennen sich ja bereits seit Ihrer Jugend. Was wünschen Sie sich am meisten für Ihre gemeinsame Zukunft?
VK: Gelassenheit und Gesundheit. Für uns beide.
MK: Glück, Zufriedenheit und dass die Lust auf Neues nie versiegt.
Welche drei Tipps haben Sie für Kluftinger-Fans, die im Allgäu seinen Spuren folgen wollen?
VK: Eine der vielen Führungen mitmachen, einmal die Freilichtspiele in Altusried besuchen, einmal Kässpatzen essen.
MK: Der Alatsee, der Kemptener Wochenmarkt, das Oytal bei Oberstdorf.
Kluftinger’s Funkenküchle
Rezept finden Sie hier: